Feiertage

Essen, warten, schenken

Mag eigentlich Weihnachten: der Grinch aus dem gleichnamigen Film Foto: dpa

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Chinesisches Essen und ein Film? Für Juden sind der 24. Dezember und die folgenden Feiertage eine kleine Herausforderung: Was soll man tun, wenn man selbst nicht Weihnachten feiert und einem niemand etwas schenkt? Wir haben junge Juden gefragt, wie sie die 72 Stunden verbringen:

Jenia: »Die Menschen drehen durch«??
Ich bin sauer, wenn mir jemand »fröhliche Weihnachten« wünscht. Ich bin Jüdin, ich feiere Chanukka. Und ich mag Weihnachten auch nicht: Die Menschen drehen durch, fallen in das Konsumloch und wollen ihre sozialen Verfehlungen mit Geschenken kompensieren. Und dann diese pestizidverseuchten Weihnachtsbäume! 25 Millionen werden von denen jährlich verkauft – wenn Juden so ein Ritual hätten, wäre schnell ein Gesetzesentwurf unterwegs, um dem barbarischen Brauch ein Ende zu setzen. Mal abgesehen vom Konsum finde ich Weihnachten ganz toll: die Lieder (wenn sie von Nat King Cole gesungen werden), den Schnee und die Gemütlichkeit. Eigentlich möchte ich natürlich nur zu einer Familienweihnachtsfeier eingeladen werden. Ich bin der Grinch.??

Nadia: »Wir essen gemeinsam – aus praktischen Gründen«??
Weihnachten hat keine Bedeutung für mich. Ich kenne diese ganzen Bräuche nicht. Zwar gibt es während der Feiertage auch gemeinsame Essen mit der Familie, aber einfach aus praktischen Gründen: Alles ist geschlossen, und wir haben eh nichts anderes zu tun. Früher, als ich noch zur Schule ging, habe ich Weihnachten sogar gehasst, weil alle meine deutschen Freunde zu Hause bleiben mussten und nicht mit mir ausgehen durften.??

Elena: »Ich warte auf Novy God«??
Ich werde an Heiligabend arbeiten, nicht lange, aber lange genug, um erst am Abend zu Hause anzukommen. Das ist nicht schlimm, dafür hab ich bis zum nächsten Jahr frei und kann den viel wichtigeren Feiertag – Neujahr, Novy God – mit meiner Familie verbringen. An Weihnachten selbst werden wir sicherlich auch am Tisch sitzen, etwas essen und vielleicht einen Cognac trinken, aber das ist kein Vergleich zum dreimaligen Anstoßen an Novy God. Zuerst nach Moskauer Zeit, dann nach Rigaer und zum dritten Mal nach lokaler, Berliner Zeit – wie es sich für Russen gehört.

Omrit: »Wir feiern Weihnukka«
Ich feiere mit meinem Mann seit elf Jahren Weihnachen. Dieses Fest hat mich schon immer fasziniert, weil es Dinge wie Familie, Romantik und Liebe verbindet. Als ich klein war, habe ich gern amerikanische Weihnachtsfilme gesehen. Ich bin Israelin, und als mich mein Mann in Israel besucht hat, wollte ich ihm eine Freude machen: Ich habe einen kleinen Baum besorgt, Geschenke gekauft und alles in mein Zimmer gestellt. Er war ziemlich überrascht. Für mein erstes Weihnachten in Deutschland habe ich mir viel Mühe gegeben, weil meine Schwiegereltern zu Gast waren. Ich wollte das Bild, das ich aus den Filmen meiner Kindheit erinnerte, lebendig werden lassen. Viele Bräuche waren mir allerdings nicht bekannt. Heute finde ich es toll, Weihnachten mit meiner Familie zu feiern. Meine Kinder wachsen mit beiden Religionen auf. Deswegen haben wir auch zu Chanukka Lichter gezündet.

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025

Feiertage

Hymne auf die Freiheit

Der Alexander-Moksel-Kindergarten führte im Gemeindezentrum ein Pessach-Musical auf

von Vivian Rosen  17.04.2025

Berlin

Mazze als Mizwa

Das Projekt »Mitzvah Day« unterstützt die Berliner Tafel mit einer Lebensmittel-Spende

von Katrin Richter  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025

Porträt der Woche

Eigene Choreografie

Galyna Kapitanova ist IT-Expertin, Madricha und leitet eine Tanzgruppe

von Alicia Rust  14.04.2025