Berlin

Essen und beten

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Anastasia und ihr Freund Karim sind schon ganz gespannt. Als sie von der »Langen Nacht der Religionen« in Berlin erfahren haben, wussten sie: »Da müssen wir hin.« Denn die beiden Studenten verbindet ihr gegenseitiges Interesse an der Religion des anderen. Anastasia ist Jüdin, Karim Muslim. Doch bevor es später in eine Moschee gehen sollte, haben die beiden am Samstagabend in der Synagoge Rykestraße vorbeigeschaut.

Denn dort, wie in vielen anderen Synagogen, die in diesem Jahr zum ersten Mal im Rahmen der Jüdischen Kulturtage an der Langen Nacht der Religionen teilnehmen, gab es eine Hawdala-Zeremonie, die den Schabbat von der beginnenden Arbeitswoche trennt.

Toramantel Auch in der sefardischen Synagoge »Tiferet Israel« erzählte Rabbiner Reuven Yaacobov nach der Hawdala den Gästen im Betsaal etwas über seine Gemeinde und beantwortete Fragen. Und weil die Synagoge in der Passauer Straße sefardisch ausgerichtet ist, ließ es sich der Rabbiner nicht nehmen, den Unterschied zwischen Sefarden und Aschkenasen anhand von Toramantel und Gewändern zu erklären. Yaacobov erläuterte den Beteralltag und sprach über seine Jugend in der Sowjetunion.

Auch Anastasias Eltern sind in der ehemaligen Sowjetunion groß geworden. Gemeinsam wanderte die Familie 1991 nach Deutschland aus. »Wir haben nicht viele jüdische Traditionen in der Familie«, sagt die Biologie-Studentin, allein deswegen ist es auch für sie faszinierend zu sehen, was genau eigentlich bei der Hawdala passiert. Auch Karim schaut gespannt zu. »Das ist für mich komplett neu, aber spannend.«

Pita Später, wenn das Paar in die Moschee gehen wird, dann möchte Karim seiner Freundin zeigen, was zum Islam gehört. Auch er studiert Biologie und hat zur Religion ein distanziertes Verhältnis. »Meine Eltern haben mich sehr offen erzogen, und ich finde es aufregend, nun so viel über das Judentum zu erfahren.» Ein bisschen haben auch die israelischen und russischen Spezialitäten im Foyer der Synagoge Rykestraße geholfen.

Auch in der sefardischen Synagoge Tiferet Israel wurden die Besucher kulinarisch verwöhnt, denn nach den vielen Erklärungen gab es Pita und Yerakot, die nicht nur den nichtjüdischen Gästen geschmeckt haben. Auch viele aschkenasische Juden waren in die Synagoge gekommen, die sich für sefardische Traditionen interessierten.

Insgesamt haben mehr als 10.000 Menschen die Lange Nacht der Religionen besucht. »Das sind weit mehr, als wir erwartet haben«, sagte der Koordinator der zweiten Langen Nacht der Religionen, Peter Amsler, am Sonntag. Die Besucher hätten damit ein sichtbares Zeichen für die religiöse Vielfalt Berlins gesetzt, betonte Amsler.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte zum Auftakt der Langen Nacht der Religionen zu Respekt gegenüber Glaubensgemeinschaften aufgerufen. »Man kann von religiösen Einrichtungen nicht einfordern, dass sie sich der Gesellschaft öffnen, wenn sie nicht in Glaubensfragen unser aller Respekt erwarten können«, erklärte Henkel im Roten Rathaus zur Eröffnung. Die dritte Lange Nacht der Religionen kündigte der Initiativkreis für den 6. September 2014 an.

Lesen Sie mehr am Donnerstag in der Print-Ausgabe.

Chanukka-Umfrage

»Wir brauchen das Licht«

Was für Lieblingssymbole haben Gemeindemitglieder? Und wie verbringen Familien das Fest, wenn ein Partner Weihnachten feiern möchte? Wir haben nachgefragt

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt  25.12.2024

Berlin

Wenn Hass real wird

Die Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Einfluss sozialer Medien

von Alicia Rust  23.12.2024

Interview

»Wir sind neugierig aufeinander«

Amnon Seelig über die erste Konferenz des Kantorenverbandes, Lampenfieber und das Projekt Call a Kantor

von Christine Schmitt  22.12.2024

Porträt der Woche

Ein Signal senden

David Cohen ist Geschäftsführer eines Unternehmens und setzt sich gegen Judenhass ein

von Matthias Messmer  22.12.2024

Soziale Medien

In 280 Zeichen

Warum sind Rabbinerinnen und Rabbiner auf X, Instagram oder Facebook – und warum nicht? Wir haben einige gefragt

von Katrin Richter  20.12.2024

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert

Debatte

Darmstadt: Jetzt meldet sich der Pfarrer der Michaelsgemeinde zu Wort - und spricht Klartext

Evangelische Gemeinde erwägt Anzeige wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024

Hessen

Nach Judenhass-Eklat auf »Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt«: Landeskirche untersagt Pfarrer Amtsausübung

Nach dem Eklat um israelfeindliche Symbole auf einem Weihnachtsmarkt einer evangelischen Kirchengemeinde in Darmstadt greift die Landeskirche nun auch zu dienstrechtlichen Maßnahmen

 19.12.2024

Ehrung

Verdiente Würdigung

Auf der Veranstaltung »Drei Tage für uns« wurde der Rechtsanwalt Christoph Rückel ausgezeichnet

von Luis Gruhler  19.12.2024