Interview

»Es brennt in ganz Thüringen«

Wolfgang Nossen Foto: JA

Herr Nossen, Sie haben am 10. Februar an einer Tagung über Erfahrungen mit Programmen gegen rechte Umtriebe teilgenommen. Haben Sie neue Erkenntnisse gewonnen?
Nein. Seit ich hier in Thüringen Gemeindevorsitzender bin, predige ich, dass wir gegen die Rechten vorgehen müssen. Neu an dieser Tagung war, dass man jetzt mit allen demokratischen Parteien ein Landesnetz aufbauen will. Ich bleibe jedoch skeptisch, was die Umsetzung angeht. Bis zum Oktober will man erst einmal ein Konzept erstellen. Das dauerte alles viel zu lange. Doch wenn man drängt, heißt es: »So schnell geht das nicht.« Und es folgen weitere Erklärungen. Aber wir haben immerhin schon einmal die Absichtserklärung.

Ist das nicht ein bisschen spät?
Sehr spät. Ich habe Frau Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht schon vor langer Zeit auf einer Rede geantwortet, in der sie gesagt hat: Es ist fünf vor zwölf – Es ist fünf nach zwölf. Skeptisch bin ich auch über den Kurs in Thüringen. So wird nach wie vor für den umstrittenen ehemaligen Landtagsabgeordneten Peter D. Krause, der unter Althaus Kultusminister werden sollte und sowohl bei der vom Verfassungsschutz beobachteten Jungen Freiheit wie auch dem Ostpreußenblatt, also sehr rechtslastigen Blättern gearbeitet hat, mithilfe der Landesregierung ein Job gesucht. Das gefällt mir gar nicht. Das habe ich auch damals schon Ministerpräsident Dieter Althaus gesagt.

Warum zögert Thüringen so lange?
Ministerpräsident Dieter Althaus hat sich geweigert, mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. Das hat er mir auch schriftlich zu verstehen gegeben als ich ihn vor der Wahl auf die Notwendigkeit hinwies und geschrieben habe: »Es brennt an allen Ecken und Enden und am meisten in Thüringen.« Er hat mir in allen Punkten recht gegeben bis auf einen: Er werde mit der Linkspartei, die auch extremistische Züge hat, nicht zusammen kämpfen, antwortete er mir.

Ist es jetzt wirklich schon zu spät?
Es ist ziemlich spät. Ich verlange schon seit Jahren ein Verbot der NPD. Darauf antwortet man mir, man könne die Ideologie nicht verbieten. Ich entgegne: Man kann ihnen aber das Geld entziehen. Ein NPD-Verbot ist wichtig, aber nicht ich kann dafür sorgen, dass sie von der Straße verschwindet, sondern die zuständigen Behörden hätten dann keine Ausreden mehr wie etwa, dass sie eine zugelassene Partei sei. Auch die Steuergelder für sie entfielen dann. Doch immer wieder werden Bedenken geäußert.

Soll es Nachfolgekonferenzen geben?
Das wurde nicht gesagt. Aber es gibt verschiedene Projekte, die derzeit im Sozialministerium gebündelt werden. Ich habe beispielsweise einen Brief von Sozialministerin Heike Taubert bekommen, der mich in in den Landesjugendhilfeausschuss beruft. Das ist auch ein präventiv arbeitendes Gremium.

Wie wichtig wäre es für Thüringen, am Landesprogramm für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz teilzunehmen?
Sehr wichtig. Denn das Land ist längst ein Aufmarschgebiet für die rechte Musikszene geworden. Aber die thüringische Landesregierung hat offenbar mehr Angst davor, dass sich in der Gegnerschaft vor allem die extreme Linke versammelt, als dem rechten Spuk Einhalt zu gebieten.

Interview

»Wo immer wir gebraucht werden – wir sind da«

Rabbiner David Geballe über Seelsorge in der Bundeswehr und die Vermittlung von Wissen

von Helmut Kuhn  04.02.2025

Porträt der Woche

Frau der ersten Stunde

Avital Toren wurde vor 30 Jahren gebeten, die Gemeinde in Heilbronn aufzubauen

von Gerhard Haase-Hindenberg  02.02.2025

Hamburg

»Wir sind dran!«

Von Klimawandel bis jüdische Identität: Der Jugendkongress 2025 verspricht vier intensive Tage

von Florentine Lippmann  02.02.2025

Leer (Ostfriesland)

Schoa-Überlebender Weinberg will mit Steinmeier sprechen

Nach seiner Ankündigung, das Bundesverdienstkreuz abzugeben, hat der fast 100-jährige Zeitzeuge ein Gesprächsangebot des Bundespräsidenten angenommen

 31.01.2025

Berlin

Jüdische Stimmen zur Asyl-Abstimmung: Ein Überblick

Wie blicken Juden auf den Vorwurf, die CDU reiße die Brandmauer zur AfD ein? Wir haben uns umgehört

von Imanuel Marcus  30.01.2025

Bildung

Das beste Umfeld

Zwar beginnt das neue Schuljahr erst nach dem Sommer, doch schon jetzt fragen sich Eltern: Welche Schule ist die richtige? Gespräche mit Schulleitern über Wartelisten, Sprachniveau und Traditionen

von Christine Schmitt  30.01.2025

München

Fit fürs Finale

Beim Vorentscheid zum »Chidon Hatanach« in Jerusalem wurde wieder jede Menge religiöses Wissen abgefragt

von Luis Gruhler  30.01.2025

Rostock

Den Vorhang auf

Seit vielen Jahren gibt es in der Jüdischen Gemeinde eine Theatergruppe. Ein Besuch bei den Proben für »Kalif Storch« im Kulturhistorischen Museum

von Katrin Richter  29.01.2025

Dachau

Igor Levit für neue Instrumente der Erinnerungsarbeit

»Wenn man dieses »Nie wieder« ins 21. Jahrhundert übersetzen will, müssen wir uns gewaltig anstrengen«, so der Pianist

 29.01.2025