Rosenheim

Erinnerungsschleife für Elisabeth Block

An der Mädchenrealschule wurde das erste Gedenkband für Opfer des NS-Terrors eingeweiht

von Stefanie Witterauf  17.11.2022 09:22 Uhr

Vor der Gedenkschleife für Elisabeth Block: IKG-Vorstandsmitglied Aaron Buck, Schuldirektorin Magdalena Singer, Künstlerin Christiane Huber, 2. Bürgermeister Daniel Artmann und 3. Bürgermeisterin Gabriele Leicht (v.l.) Foto: Stadt Rosenheim

An der Mädchenrealschule wurde das erste Gedenkband für Opfer des NS-Terrors eingeweiht

von Stefanie Witterauf  17.11.2022 09:22 Uhr

Eine goldene Möbiusschleife schmückt den Baum auf dem Pausenhof. Sie hat keinen Anfang und kein Ende, ist in sich geschlungen und glänzt zwischen den Ästen. Das Unendlichkeitsband aus Messing und Blattgold ist das erste Kunstwerk, das künftig in Rosenheim an die Opfer des NS-Terrors erinnern soll.

Installiert wurde die Schleife von Künstlerin Christiane Huber an der Städtischen Mädchenrealschule Rosenheim. Eingraviert ist der Name von Elisabeth Block (1923–1942), einer ehemaligen Schülerin der Realschule, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft nicht mehr zum Unterricht gehen durfte und im Alter von 19 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet wurde.

adresse Am Mittwoch vergangener Woche wurde das erste Zeichen des »Rosenheimer Wegs« enthüllt und gleichzeitig die neue Anschrift der Mädchenrealschule eingeweiht. Ab nun ist die Adresse der mehr als 100 Jahre alten Schule der Elisabeth-Block-Platz 1. Zur Feier waren Vertreter der Stadt, Ehrengäste und die Schülerinnen anwesend. Weil der Platz auf dem Schulhof nicht ausreichte, schauten die Mädchen zum Teil aus den Fenstern ihrer Klassenzimmer zu.

Weitere Erinnerungsschleifen für die Opfer des Nationalsozialismus sollen ab kommendem Jahr eingeweiht werden.

»Lisi war unsere Schülerin, aber sie steht auch beispielhaft für viele Millionen Menschen«, sagte die Schulleiterin Magdalena Singer. Für den Tag hatte sie mit ihren Lehrkräften seit Wochen einen Plan: »Wir hatten ein Ziel: Die Mädels sollten bis zu dem Zeitpunkt wissen, wer Elisabeth Block war.« Die 700 Jugendlichen konnten auf unterschiedliche Weise die ehemalige Schülerin der Mädchenrealschule kennenlernen. In einer ihr eigens gewidmeten Schulstunde lasen sie Tagebucheinträge, hörten ein Hörspiel, in dem ihr Leben vertont wurde, und bemalten Steine, die sie zum Gedenken unter den Baum mit der Möbiusschleife legten.

»Der Grund, warum Lisi nicht ihren Abschluss an dieser Schule machen durfte, ist ein unendlich trauriger«, sagte Schulleiterin Singer. »Die Erinnerung soll uns wachsam halten, dass Ähnliches nie wieder passieren kann. Das ist nicht nur die Aufgabe des Geschichtsunterrichts in den Schulen – es ist die Aufgabe der Gesellschaft.«

naziterror Auch der 2. Bürgermeister Daniel Artmann (CSU), der den erkrankten Oberbürgermeister Andreas März (CSU) vertrat, machte in seiner Ansprache deutlich: »Es ist unsere Pflicht, den Naziterror nicht zu vergessen und dafür zu sorgen, dass er sich niemals wiederholen kann.«
»Alles hat seine Zeit, alles hat seine Stunde«, sagte Singer bei der Gedenkveranstaltung am Mittwoch.

Sie freue sich, die Schule nun unter einer neuen Adresse zu leiten, und sei dankbar dafür, wie in Rosenheim an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird. Der Frage, wie die Gedenkzeichen in Rosenheim aussehen sollten, war eine lange Diskussion vorausgegangen. Der Stadtrat lehnte die Verlegung von Stolpersteinen ab und orientierte sich somit an der Position der IKG und ihrer Präsidentin Charlotte Knobloch.

Weitere Erinnerungsschleifen für die Opfer des Nationalsozialismus sollen ab kommendem Jahr eingeweiht werden, so der Rosenheimer Kulturreferent Wolfgang Hauck. Auf diese Weise soll gemeinsam mit der Stadtgesellschaft und örtlichen Institutionen ein lebendiger Rosenheimer Erinnerungsweg bestritten werden.

Chanukka-Umfrage

»Wir brauchen das Licht«

Was für Lieblingssymbole haben Gemeindemitglieder? Und wie verbringen Familien das Fest, wenn ein Partner Weihnachten feiern möchte? Wir haben nachgefragt

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt  25.12.2024

Berlin

Wenn Hass real wird

Die Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Einfluss sozialer Medien

von Alicia Rust  23.12.2024

Interview

»Wir sind neugierig aufeinander«

Amnon Seelig über die erste Konferenz des Kantorenverbandes, Lampenfieber und das Projekt Call a Kantor

von Christine Schmitt  22.12.2024

Porträt der Woche

Ein Signal senden

David Cohen ist Geschäftsführer eines Unternehmens und setzt sich gegen Judenhass ein

von Matthias Messmer  22.12.2024

Soziale Medien

In 280 Zeichen

Warum sind Rabbinerinnen und Rabbiner auf X, Instagram oder Facebook – und warum nicht? Wir haben einige gefragt

von Katrin Richter  20.12.2024

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert

Debatte

Darmstadt: Jetzt meldet sich der Pfarrer der Michaelsgemeinde zu Wort - und spricht Klartext

Evangelische Gemeinde erwägt Anzeige wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024

Hessen

Nach Judenhass-Eklat auf »Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt«: Landeskirche untersagt Pfarrer Amtsausübung

Nach dem Eklat um israelfeindliche Symbole auf einem Weihnachtsmarkt einer evangelischen Kirchengemeinde in Darmstadt greift die Landeskirche nun auch zu dienstrechtlichen Maßnahmen

 19.12.2024

Ehrung

Verdiente Würdigung

Auf der Veranstaltung »Drei Tage für uns« wurde der Rechtsanwalt Christoph Rückel ausgezeichnet

von Luis Gruhler  19.12.2024