Der Fernsehfilm über die Irrfahrt der St. Louis lief bereits Ende Oktober in der ARD. Ulrich Noethen spielte darin die Hauptrolle des unerschrockenen Kapitäns Gustav Schröder. Der Spielfilm zeigt, wie hoffnungsvoll und wehmütig die 937 jüdischen Passagiere am 13. Mai 1939 in Hamburg an Bord eines der luxuriösesten Kreuzfahrtschiffe gingen.
Ihr Ziel war das vermeintlich sichere Kuba. Sie brachen in die Freiheit und Ungewissheit auf, die auf der anderen Seite des Ozeans winkte. Doch dort, wo sie hinfuhren, waren sie ebenfalls nicht willkommen. Nur: Das wussten weder die Fahrgäste noch der Kapitän. Er wusste nur: Ein Zurück nach Deutschland bedeutete für sie den Tod.
Dokumentarfilm Zu der Irrfahrt der St. Louis gibt es neben einem Dokumentarfilm jetzt auch ein Buch. Dass beides möglich wurde, ist dem Großneffen des Kapitäns, Jürgen Glaevecke, zu verdanken. Beim Aufräumen des Dachbodens fand er die Seekiste seines Großonkels, Kapitän Gustav Schröder, der 1959 mit 74 Jahren gestorben war.
Schröder hatte in der Kiste Fotografien, Dokumente, Berichte, Postkarten und Urkunden gesammelt.
Schröder hatte in der schlichten Holzkiste Fotografien, Dokumente, Berichte, Postkarten und Urkunden gesammelt. Diese Unterlagen waren der Fundus für den ersten Dokumentarfilm, den Manfred Uhlig für den NDR drehte.
Für seine Recherchen flog er nach England, Israel und New York und sprach mit Zeitzeugen, die die Irrfahrt der St. Louis erlebt wie auch ihre Rückkehr nach Europa mit Ziel Antwerpen überlebt hatten. Ein Drittel der Passagiere, mehr als 250 Menschen, fiel den Nazis schließlich doch noch zum Opfer.
Zeitzeugen In seiner Dokumentation zitiert Uhlig aus dem Tagebuch, das die Irrfahrt der St. Louis beschreibt, und erzählt von den Passagieren und dem Schiff. Breiten Raum nehmen die Gespräche mit den Zeitzeugen ein, mit den Schwestern Sonja Sternberg und Gisela Feldmann aus Manchester, Herbert Karliner aus Miami, Sol Messinger aus New York und Phil Freund aus Milwaukee.
Yad Vashem ehrte Gustav Schröder als »Gerechten unter den Völkern«
Sie schildern auch den Charakter und die Beweggründe des Kapitäns, seine jüdischen Passagiere respektvoll zu behandeln, und seinen unbedingten Willen, sie vor dem NS-Rassenwahn zu retten. Gustav Schröder war NSDAP-Mitglied – zum einen, weil das NS-Regime ihm sonst sein Kapitänspatent aberkannt hätte, zum anderen, weil er einen behinderten Sohn hatte, dem die NS-Euthanasie drohte. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte Gustav Schröder als »Gerechten unter den Völkern«.
Manfred Uhlig: »Kapitän Schröder und die Irrfahrt der St. Louis«. Mittler-Koehler, Hamburg 2019, 160 S., 19,95 €