Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):
Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.
Wer gerade sein Studium abschließt oder in der Promotion steckt, blickt oft mit besorgtem Optimismus in die Zukunft. Was kommt danach, fragen sich viele junge Erwachsene. Doch auch bereits Berufstätige suchen Kontakte und Netzwerke. Das Programm »Young Jewish Professionals« des Zentralrats der Juden in Deutschland möchte hier helfen, Wege aufzeigen und Verbindungen knüpfen. »Young«, das umfasst alle Juden zwischen 25 und 39 Jahren, ob Berufseinsteiger oder erfahrener Routinier, verspricht das Programm.
»Für fast alle Altersgruppen gibt es diverse Angebote. Aber wenn man aus dem Studentenverband herausgewachsen ist, gab es bisher kein Angebot«, sagt Jonathan Walter, der das Projekt für den Zentralrat koordiniert. »Diese Lücke haben wir sinnvoll geschlossen.« Ziel soll es sein, junge berufstätige Juden in Deutschland zusammenzubringen. Dazu gehören gemeinsame Veranstaltungen ebenso wie ein Mentorenprogramm.
Chancen Ähnliche Programme unter gleichem Namen gibt es weltweit. Das YJP-Netzwerk in New York hat regelmäßige Treffen mit dem Namen »Shmoozarama« und hat für eine Gala sogar schon den Hammerstein Ballroom gemietet. In Deutschland geht es noch eine Nummer kleiner zu. Die erste Veranstaltungen fand während des Gemeindetags im November 2013 statt – nicht in einem Ballsaal, sondern in der Library Bar des Berliner Hotels InterContinental. Die Professionals aus ganz Deutschland trafen sich, um sich in gediegener Atmosphäre über Zukunftschancen auszutauschen oder Ratschläge zu bekommen.
Die Mentoren, die die Professionals betreuen, kommen aus vielen verschiedenen Tätigkeitsfeldern. Judith Epstein aus München ist selbstständige Immobilienunternehmerin und ist unter anderem für Hadassah International und im Kuratorium des deutschen Freundeskreises des Tel Aviv Museum of Art tätig. Darüber hinaus ist sie Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Sie möchte bei nächsten Karriereschritten und beruflicher Weiterentwicklung behilflich sein.
Sofort Feuer und Flamme für das Projekt war auch die Schriftstellerin Lea Fleischmann aus Jerusalem. Sie will als Mentorin jungen Juden helfen, sich in Israel beruflich zu etablieren. Sie selbst ist 1979 nach Jerusalem gezogen: »Damals hätte ich so ein Programm gut gebrauchen können«, sagt die 67-Jährige. Sie lädt die jungen Erwachsenen dazu ein, sich bei ihr und ihrer 1992 gegründeten Jerusalemer Initiative »Kulturelle Begegnungen« zu melden, die eine Art Brückenkopf für Young Professionals aus Deutschland und Israel ist.
Mentoren Eldad Davidov hat den umgekehrten Weg genommen: aus Israel erst nach Deutschland und dann an die Universität Zürich, wo er als Soziologieprofessor tätig ist. Der 42-Jährige wendet sich nicht nur, aber insbesondere auch an die Zuwanderer unten den Young Professionals. Der gebürtige Israeli weiß, was es bedeutet, in einem neuen Land sein Glück zu versuchen – und diese Aufgabe erfolgreich zu meistern. Er sieht es als Chance an, dass sowohl die jungen Erwachsenen als auch die Mentoren aus so unterschiedlichen beruflichen Richtungen kommen. Davidov hofft, in seinem Fachgebiet Sozialwissenschaften und bezüglich Universitätskarrieren Hilfestellungen zu geben.
Wer selbst Mentor werden möchte, sollte Berufserfahrung haben, optimalerweise in einer Führungsposition sein und Spaß daran haben, seine Erfahrung und sein Wissen weiterzugeben, erklärt Projektkoordinator Jonathan Walter. Bewerben kann man sich per E-Mail. Laut Walter soll das Programm jungen berufstätigen Juden in Deutschland eine Plattform bieten, sich gezielt kennenzulernen und die Möglichkeit zu haben, ihr berufliches wie auch privates Netzwerk zu erweitern.
Dieses Versprechen wurde für André Levi Israel Ufferfilge erfüllt. Der 25-jährige Jiddistik-Student aus Düsseldorf hat im November an dem ersten Treffen im Rahmen des Gemeindetages teilgenommen. Er ist vom Programm überzeugt: »Neue Kontakte und eine bessere Vernetzung sind immer gut«, findet er. So hat er Esther Graf kennengelernt, die die Agentur für Jüdische Kulturvermittlung leitet. Über sie kam er zu einer Organisation für interkulturelle Dialoge, die vom Bundesinnenministerium gefördert wird und für die er bald tätig sein wird.
Levi, dessen Forschungsschwerpunkte deutsch-jüdische Lyrik und ethische Fragen sind, schreibt gerade an seiner Masterarbeit. Er kann sich vorstellen, nach seinem Abschluss professionell im jüdischen Kulturbereich zu arbeiten. Gerade überlegen er und Esther Graf, ob sie in der Zukunft nicht auch gemeinsam ein Kulturprojekt verwirklichen können.
events Sinja Sperling hofft, dass das Programm auch weiter bestehen und ausgebaut wird und sich nicht allein auf große Events wie den Gemeindetag beschränkt. Die Dortmunder Internistin in Elternzeit hatte als Medizinerin bisher nicht viele Kontaktmöglichkeiten, hat aber von anderen gehört, die schon sehr profitiert haben.
Der Rechtsanwalt Eugene Balin fand besonders die Einblicke in die Lebensläufe der Mentoren wertvoll. »Das hat aus meiner Sicht den Mentees die Möglichkeit gegeben, für ihre jeweilige eigene Entwicklung Schlüsse zu ziehen«, sagt der ebenfalls in Dortmund tätige Anwalt.
Solche Verbindungen möchte das Programm in Zukunft noch stärker fördern. Sowohl interessierte junge Juden als auch künftige Mentoren können sich für die Young Jewish Professionals mit einem klaren Ziel melden: Menschen zusammenzubringen.
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