Gemeindetag-Workshops

Eng am Thema, nah an den Entscheidern

Gefahr Islamismus, ein Thema in Berlin: u.a. mit Josef Schuster und Hans-Georg Maaßen Foto: Marco Limberg

Sie sei nicht gekommen, um Gewissheiten zu verkünden, sondern um Sorgen zu teilen und Widersprüche aufzuzeigen, sagte Petra Pau (Linke) bei einem Workshop auf dem Gemeindetag in Berlin. Die Bundestagsvizepräsidentin war eine von mehreren prominenten Politikern, die der Einladung des Zentralrats der Juden gefolgt sind. Sie stellte sich ebenso wie der Grünen-Politiker Volker Beck den oft kritischen Fragen der Gemeindetagsteilnehmer.

Pau sprach am Donnerstagnachmittag über »AfD, NPD, Pegida – Ausdruck demokratischer Willensbildung oder Gefahr für den Rechtsstaat?«. Sie führte aus, dass ihr die Pegida-Bewegung ebenso wie die AfD große Sorge bereite. Die AfD sei rechtspopulistisch im Auftreten und rechtsradikal in der Substanz, so Pau. Ihr Fazit: Die Demokratie sei zunehmend gefährdet. Verschiedene Wortmeldungen zeigten Zuspruch, aber auch deutlichen Widerspruch. Eine Teilnehmerin gab sich gar als AfD-Wählerin zu erkennen.

austausch Gershom Jessen von der Jüdischen Gemeinde Flensburg wechselte im Anschluss ein paar Worte mit Pau. Er nutzte die Möglichkeit, sich einmal direkt mit der Politikerin auszutauschen. Das gefiel auch Pau, die fand, es sollte Normalität werden, dass die Politik mit der jüdischen Gemeinschaft im Gespräch ist – so wie sie es auch bei evangelischen und katholischen Kirchentagen erlebe.

Auch Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) zeigte sich angetan von der Diskussion mit den Gemeindetagsbesuchern. Thema seines Workshops am Freitagnachmittag war ebenfalls das Phänomen des Populismus in Europa. »Ich fand, das war ein sehr angeregter Austausch«, resümierte Spahn. »Was ich hier erlebt habe, spricht für ein lebendiges und vielfältiges Gemeindeleben.«

Der CDU-Politiker hatte zuvor in seinem Vortrag kritisiert, dass in der politischen Arena etwas nicht stimme. Er nannte die Art, wie Themen diskutiert, aber von der Politik nicht wahrgenommen würden. Ein immer größerer Teil der Wähler fühle sich nicht mehr repräsentiert, und das dürfe man nicht zulassen. Es sei Aufgabe der Volksparteien, ihre Unterschiede herauszuarbeiten, damit Menschen wirklich wieder eine Wahl hätten.

themen Über Herausforderungen ganz anderer Art diskutierten am Sonntagvormittag Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der CDU-Abgeordnete Ansgar Haveling, Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestages, der ehemalige Sprecher der israelischen Armee, Arye Sharuz Shalicar, und Zentralratspräsident Josef Schuster. Es ging um Islamismus, Fundamentalismus und Dschihadismus.

Moderator Gil Yaron betonte eingangs, dass islamistischer Terror schon lange nicht mehr nur ein israelisches Problem sei, sondern dass das Phänomen immer mehr Menschen und Länder bedrohe. Shalicar sagte, dass dieser Terror zum Alltag in Israel gehöre, doch das Land wie kein anderes gelernt habe, damit umzugehen.

Verfassungsschutzpräsident Maaßen bestätigte, dass sich die Sicherheitsbehörden in der Bundesrepublik den neuen Herausforderungen stellten. Er wolle aber auch auf die mehr als 9000 Salafisten verweisen, die einen anderen Staat wollten und bereit seien, den Dschihadismus zu unterstützen. Da bedürfe es guter Präventionsarbeit, es sei viel zu tun.

Der CDU-Politiker Haveling äußerte sich auch, wenngleich durchaus vorsichtig, zur Frage, welche Aufgaben die Bundeswehr bei der Terrorbekämpfung übernehmen könne. Er verwies auf die historisch bedingte Struktur der Sicherheitsbehörden, aber auch darauf, dass es im kommenden Jahr bereits eine erste gemeinsame Übung von Polizei und Bundeswehr geben wird.

fragen Populismus und Islamismus – das waren nur zwei von vielen Themen, die auf dem Gemeindetag angesprochen wurden. Die Teilnehmer waren zufrieden, wie zum Beispiel Heinz Freier aus Frankfurt: »Die Politiker und Referenten auf dem Podium zu erleben, war toll.« Auch die Moderatoren seien kompetent gewesen. »Es hat mich schwer beeindruckt, wie sie die Leute mitgenommen, Fragen gestellt und Streit vermieden haben.«

Und Elena Sokolovsky, Gemeindevorsitzende aus Flensburg, befand: »Wir müssen die politischen Fragen stellen, die uns alle bewegen. Gut, dass es dazu die Möglichkeit gab.«

Michael Gutmann aus Rostock resümierte: »Ich habe aus den politischen Workshops interessante Argumente und Ansätze mitgenommen, es war toll, Experten hautnah zu erleben und mit Fachleuten und Politikern direkt ins Gespräch zu kommen. Sich mit Themen auseinanderzusetzen, mit denen sich auch die aktuelle Politik beschäftigt und die für uns relevant sind.«

Porträt der Woche

Die Zuhörerin

Mariya Dyskin ist Psychologin und möchte sich auf Kriegstraumata spezialisieren

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.03.2025

Berlin

Staatsanwaltschaft: Deutlich mehr antisemitische Straftaten

Im vergangenen Jahr wurden 756 Fälle registriert

 16.03.2025

Erfurt

Israelischer Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025