Endlich wieder Jugendkongress! Nach drei Jahren coronabedingter Pause kommen ab Donnerstag dieser Woche mehr als 300 junge jüdische Erwachsene aus ganz Deutschland in Berlin zusammen, um zu diskutieren, sich zu vernetzen, den Schabbat zu begehen und – last but not least – am Samstagabend gemeinsam zu feiern. Das Motto des viertägigen Treffens lautet: »Die Zukunft gehört uns!« Aber ist das so? Gehört uns die Zukunft wirklich?
Für die jüdische Gemeinschaft gab es auch in diesem Jahr wieder viel Positives, auch wenn das in der nichtjüdischen Presse oft unterzugehen droht. Man denke nur an die größte Jewrovision aller Zeiten, an den Medaillenrekord von Makkabi Deutschland bei der Maccabiah, an die spannenden Seminare der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) oder an die signifikante Erhöhung des Bundeshaushalts für jüdisches Leben.
versprechen Trotzdem stellt sich mir und vielen anderen jungen Juden unweigerlich die Frage: Deutschland, was ist los mit dir? Eine Studie des American Jewish Committee (AJC) zeigt uns gruselige Ergebnisse: An das Vorurteil »Juden nutzen ihren Status als Opfer des Völkermords zu ihrem eigenen Vorteil aus« glauben 34 Prozent der Bevölkerung. An den Klassiker »Juden haben zu viel Macht« glaubt jeder fünfte Deutsche. Unterdessen hören wir von allzu vielen Politikern gebetsmühlenartig die wohlfeilen Versprechen: Wehret den Anfängen! Nie wieder! Kein Platz für Judenhass.
Für die jüdische Gemeinschaft gab es auch in diesem Jahr wieder viel Positives, auch wenn das in der nichtjüdischen Presse oft unterzugehen droht.
Nun, auf der documenta, beim Al-Quds-Tag, im Rap-Business ist sehr viel Platz für Antisemitismus. Und die AfD verzeichnet weiterhin Erfolge. Die Politik unternimmt viel zu wenig, um dies zu verhindern. Wissen es unsere Politiker auch? Oder wollen sie es nicht wissen?
Der Appell von uns jungen Juden an die Politik ist klar: Hört endlich auf, Antisemitismus mit Phrasen zu begegnen! Auch darüber werden wir beim Jugendkongress mit Politikern aller im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien sprechen. Denn eines ist klar: Ein jährliches »We Remember«-Plakat samt betroffenem Gesicht reicht nicht.
Der Autor ist Social-Media-Manager bei der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) und lebt in Berlin.