»Was lange währt, wird endlich gut!» – so begann Josef Schuster am Montag seine Ansprache zur Grundsteinlegung der Potsdamer Synagoge. Der Zentralratspräsident bezog sich dabei auf den jahrelangen Streit, den es um das Bauprojekt gegeben hat und der zu Spaltung und Neugründung weiterer jüdischer Gemeinden führte – sodass es in der brandenburgischen Landeshauptstadt heute fünf Gemeinden gibt.
Bereits vor mehr als 15 Jahren, sagte Schuster, sei das Vorhaben, in Potsdam ein Gemeindezentrum mit Synagoge zu bauen, im Staatsvertrag des Landes Brandenburg mit dem jüdischen Landesverband festgehalten worden, «und ich muss hier niemandem erzählen, dass der Weg zum heutigen Tag nicht leicht war».
Die rund 100 Gäste, die am Rand der Baugrube standen, wussten, wovon er sprach. Manche nickten, andere murmelten. Gekommen waren an diesem sonnigen Herbstvormittag neben Schuster und vielen Gemeindemitgliedern auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sowie Abraham Lehrer, der Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle, Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert und etliche Landtagsabgeordnete und Stadtverordnete.
KOSTEN Mehr als 80 Jahre nach der Schoa bekommen die Potsdamer Juden ein modernes Gemeindezentrum mit Synagoge. Das rund 13,7 Millionen Euro teure Bauwerk in der Nähe des Landtags wird vom Land Brandenburg finanziert und soll bis März 2024 fertig sein.
Die Synagoge mit knapp 200 Plätzen soll sich über drei Etagen erstrecken und über sieben Bogenfenster und ein Glasdach Licht erhalten.
Das viergeschossige Gebäude mit einer Fassade aus gelben Ziegeln wird vollständig unterkellert sein. Geplant sind neben der Synagoge ein Veranstaltungssaal, Räume für Gemeindeaktivitäten, eine Bibliothek, Büroräume, ein Besprechungsraum und im Erdgeschoss ein öffentlich zugängliches Besuchercafé. «Es wird trotz der Sicherheitsvorkehrungen ein offenes Haus sein», sagt der Berliner Architekt Jost Haberland.
Die Synagoge selbst mit knapp 200 Plätzen soll sich über drei Etagen erstrecken und laut Baubeschreibung über sieben Bogenfenster und ein Glasdach Licht erhalten. «Gekrönt wird das Gebäude von einer Dachterrasse», kündigte Haberland bei der Grundsteinlegung am Montag an. «Dort können die Feste und Feiern der Gemeinde stattfinden, und man hat einen schönen Blick über die neue Potsdamer Mitte.»
Ende 2008 war für den Bau der Synagoge europaweit ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben worden. Haberlands Büro gewann ihn und führte die Planungen bis zur Baugenehmigung durch. Wegen eines heftigen Streits innerhalb der Potsdamer jüdischen Gemeinden stoppte Brandenburgs damaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck 2011 das Projekt.
PARTNER Erst acht Jahre später wurde die Planung wieder aufgenommen. Nachdem es zwischen den Gemeinden trotz jahrelanger Diskussionen vor allem wegen Differenzen über die Nutzung der Innenräume keine Einigung gegeben hatte, fand Brandenburgs Landesregierung schließlich in der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden einen Partner, mit dem im Juni 2021 eine Vereinbarung unterzeichnet wurde.
Demnach begleitet die ZWST den Planungs- und Bauprozess und übernimmt in den ersten drei Jahren nach Fertigstellung des Gebäudes als Treuhänderin die Trägerschaft des Gemeindezentrums. Danach soll der Landesverband der jüdischen Gemeinden die Trägerschaft übernehmen.
Der jeweilige Träger entscheidet, welche der Potsdamer jüdischen Gemeinden das Gebäude nutzen soll, und vergibt Räumlichkeiten an sie. Er muss sicherstellen, dass alle jüdischen Potsdamer in der Synagoge beten können.
Am Ende stiegen Kinder aus den Gemeinden mit in die Baugrube.
Zentralratspräsident Schuster sagte, es habe «eine große symbolische Kraft, dass wir den Grundstein für eine neue Synagoge in Potsdam am 8. November legen, am Vorabend des 83. Jahrestags der Pogromnacht in Deutschland». In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zündeten die Nationalsozialisten Synagogen an, plünderten Geschäfte und überfielen unschuldige Menschen.
ZUKUNFT Schuster betonte, dass Synagogen auch in unseren Tagen Ziel von Gewalt sind, und erinnerte an die Anschläge von Halle und Hagen. «Doch heute schützt der deutsche Staat die jüdische Gemeinschaft gegen terroristische Angriffe, während er während der NS-Zeit selbst Urheber des Terrors war.» Dass heute neue Synagogen entstünden, sei ein Beleg für das Scheitern der Nazis, hob ZWST-Präsident Abraham Lehrer hervor.
Es müsse alles getan werden, dass sich Geschichte nicht wiederholt, betonte Brandenburgs Ministerpräsident Woidke. «Dass Juden bei uns ihre Zukunft suchen, ist auch heute noch alles andere als selbstverständlich.»
Weil die Kinder die Zukunft der Gemeinde sind, begrüßte Kulturministerin Manja Schüle die Jüngsten ganz besonders herzlich und lud sie ein, nach den Ansprachen mit hinunter in die Baugrube zu steigen, wo am Ende der Zeremonie der Grundstein gelegt wurde.