Der Geschäftsführer des jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES), Jo Frank, appelliert an die deutsche Zivilgesellschaft, sich mehr gegen Antisemitismus zu engagieren. »Die Opfer von Antisemitismus sollten nicht diejenigen sein, die eine Lösung für das Problem bereitstellen müssen«, sagte Frank.
ELES, das dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert, ist ein Begabtenförderwerk für jüdische Studierende und Promovierende. Antisemitismus sei nicht nur etwas, was Jüdinnen und Juden betreffe. »Es ist die Aufgabe der Gesamtgesellschaft, gegen Antisemitismus vorzugehen.«
MUSLIME Mit dem Begriff des »importierten Antisemitismus« müsse man sehr vorsichtig sein. Der historische Export des Antisemitismus aus Deutschland spiele im öffentlichen Diskurs im Moment keine Rolle. Es sei zwar keine Frage, dass Antisemitismus auch in der muslimischen Community existiere. Er könne jedoch nicht bestätigen, dass diese Haltung repräsentativ für die muslimische Community sei, sagte Frank.
ELES trete dafür ein, selbstbewusstes jüdisches Leben auf der einen Seite durchzusetzen, aber auch für das selbstbewusste religiöse Leben anderer einzutreten. »Wir glauben, dass die Schnittstelle von Religion und Gesellschaft eines der wichtigsten Themen unserer Zeit ist«, sagte Frank. Religion und Gesellschaft berührten sich im Alltag, an der Hochschule, im Beruf. Hier komme es zu intensivem Austausch, aber auch zu Auseinandersetzungen.
ELES trete dafür ein, selbstbewusstes jüdisches Leben durchzusetzen, betont Geschäftsführer Jo Frank.
Eine Chanukkafeier im nicht explizit jüdischen Kindergarten, ein Gebetsraum im Großunternehmen, die Berücksichtigung von Religion bei der Pflege - bei der gesellschaftlichen Gestaltung dieser Themen seien alle gefragt, auch Atheisten und Agnostiker. Die finanzielle und ideelle Förderung durch das Studienwerk soll Stipendiaten dazu befähigen, religiöse, politische oder gesellschaftliche Führungspositionen zu übernehmen.
UMWELT Es gebe jüdische Stimmen zu einer Vielfalt von Themen, die interessant seien, sagte Frank. »Juden können genauso zu verantwortungsvoller Umweltpolitik und der Frage nach nachhaltiger medizinischer Versorgung etwas erzählen«, betonte er. Insgesamt habe die jüdische Gesellschaft in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren einen enormen Wandlungsprozess durchlaufen.
Auch für das selbstbewusste religiöse Leben anderer einzutreten, ist ELES wichtig.
Dies liege an Phänomenen wie Migration und Mobilität. So gebe es nicht nur jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, sondern beispielsweise viele Israelis, die nach Berlin gekommen seien, oder Jüdinnen und Juden aus Südamerika und den USA.
ELES ist eines der 13 Begabtenförderungswerke, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziell mitgetragen werden. Am 10. Oktober findet im Jüdischen Museum in Berlin der Festakt zum Jubiläum mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier statt. epd