»Ich kenne alle deutschen Spieler«
»Ich bin Fan von Eintracht Frankfurt, so wie mein Papa und meine kleine Schwester. Meine Mama: na ja. Wegen der Fußball-WM weiß ich schon Bescheid. Am 12. Juni geht’s los. Ich glaub’, die spielen in Paris oder so. Meine Mama interessiert die Weltmeisterschaft auch. Ich darf schon mitgucken, auch, wenn es spät ist. Wir schauen immer zu Hause und trinken dabei Bier. Aber ich bekomme nur Malzbier. Und dazu essen wir Chips. Einen Lieblingsspieler habe ich nicht, aber ich kenne alle aus der deutschen Mannschaft und auch die anderen Spieler, denn ich habe ein Sammelheft, in das man Bilder von allen reinkleben muss. Also, ich bin natürlich für Deutschland! Wenn die nicht gewinnen – dann soll niemand gewinnen!«
Noam (8), Frankfurt
»Leider spielt keiner von der Eintracht«
»Als bekennender Fußballfan werde ich mir natürlich die Spiele gebannt und gespannt ansehen, meistens von zu Hause aus. Sicher nicht alle, aber möglichst viele und hoffentlich auch die allerbesten! Natürlich stehe ich der deutschen Mannschaft nahe, weil mir hier doch auch viele Spieler gut vertraut sind. Ich denke: Deutschland soll, Spanien kann, Brasilien wird gewinnen. Da leider, leider kein Spieler von meinem Lieblingsverein Eintracht Frankfurt dabei ist, sind zwei Bayern-Spieler meine persönlichen Favoriten: Philipp Lahm und Thomas Müller. Ob ich immer so lange wach bleiben kann? Ich werde selbstverständlich immer fest an den Zentralrat denken – das regt an und macht garantiert auch munter!«
Dieter Graumann, Zentralratspräsident
»Bei den Israelis würde ich mitfiebern«
»Ich interessiere mich nicht so für die Fußball-Weltmeisterschaft. Aber im Fußball gibt es viele Ähnlichkeiten mit der jüdischen Religion. Zum Beispiel Angriff und Verteidigung. Oder wie sich die Spieler dafür einsetzen, möglichst viele Tore zu erzielen. Analog dazu geht es im jüdischen Leben darum, so viele Mizwot zu erreichen wie möglich. Im Fußball kann ein Spieler allein nichts erreichen, das ist wie in der Gemeinde oder beim Minjan. Was mir missfällt, ist die Kapitalisierung des Sports. Die Folge sind böse Verletzungen oder zweifelhafte Entscheidungen eines Schiedsrichters. Auf dem Fußballfeld passieren interessante Flops – wie im echten Leben. Wenn die israelische Nationalmannschaft mitspielen würde, könnte ich etwas empfinden.«
Rabbiner Netanel Wurmser, IRGW Stuttgart
»Forza Italia«
»Als Italienerin stehe ich voll und ganz hinter dem italienischen Fußball-Team. Egal, ob es gut oder schlecht spielt, Hauptsache, es gewinnt. Falls unsere Mannschaft irgendwann ausscheidet, drücke ich natürlich auch Deutschland die Daumen. Ich werde mich bemühen, jedes Spiel der Italiener anzuschauen. In den vergangenen Jahren sind wir mit italienischen Freunden oft in einem italienischen Restaurant gewesen oder haben die Spiele zu Hause bei Freunden geschaut. Es macht großen Spaß, die Spiele gemeinsam anzuschauen.«
Festivalleiterin Valentina Marcenaro, Dresden
»Samba-Party«
»Obwohl unsere Truppe etwas ramponiert in den Wettkampf startet, bin ich zuversichtlich, dass wir es weit bringen können. Schließlich ist Deutschland die Turniermannschaft schlechthin. Eine schlechte Vorbereitung war bisher immer eher ein gutes als ein schlechtes Omen. Im vergangenen Jahr war ich zur Zeit des brasilianischen Pokalfinales in São Paulo, von damals bin ich mir sicher, dass der Spirit dieser fußballverrückten Nation auf die ganze Welt überschwappen und uns einen Fußball-Sommer voller großartiger Momente, Emotionen und Samba-Partys bescheren wird.«
Mike Delberg, Jurastudent, Berlin
»Ich bin für Müller«
»Bei der WM werde ich der deutschen Mannschaft die Daumen drücken. Ich mag Müller, der bringt Dynamik ins Spiel. Hummels sieht sehr gut aus und ist in der wackligen Abwehr noch der Beste, und ich finde, dass Lahm und Neuer gute Führungspersönlichkeiten sind. Besonders mag ich, dass
während der Zeit von Welt- und Europameisterschaften einfach gute Stimmung in den Straßen ist, das ist das Allerschönste an fußballerischen Großereignissen. Die Probleme bei den Austragungsorten werden hingegen leider jedes Mal gravierender.«
Anna Geuchmann, Studentin, Berlin
»Es wird ein europäisches Finale«
»Als Fußball-Fan werde ich natürlich die WM-Spiele anschauen, zu Hause, gemeinsam mit Freunden. Die Fußball-Atmosphäre in Brasilien ist etwas ganz Besonderes. Ich denke, lateinamerikanische Mannschaften, wie Argentinien, Chile und Uruguay, haben gute Chancen, ins Viertelfinale zu kommen. Russland wird in seiner Gruppe bestimmt keine großen Probleme haben. Für viel mehr wird es nicht reichen. Ich tippe auf ein rein europäisches Finale. Deutschland hat gute Chancen, auch wenn die Gruppe mit den USA und Portugal nicht ganz ohne ist.« Grygory Pshonik, Dresden
»Jedes Team ist für eine Überraschung gut«
»Meine Lieblingsteams waren schon seit meiner Jugend Deutschland und die Niederlande. Deutschland hat gute Chancen auf einen der ersten drei Plätze. Aber jedes Team kann für eine Überraschung gut sein. Brasilien spielt zu Hause. Viele brasilianische Spieler spielen in europäischen Teams und kennen dadurch deren Spielweise. Große Chancen sehe ich auch für Spanien, Italien, Frankreich und Portugal. Die WM-Spiele werde ich zu Hause vorm Fernseher gemeinsam mit der Familie und Freunden verfolgen.«
Vytautas Bubelis, Makkabi Dresden
»Deutschland oder Argentinien«
»Gemeinsam Fußball gucken macht mehr Spaß. Public Viewing ist allerdings nicht so mein Ding. Alle Spiele werde ich mir nicht anschauen. Dafür interessiert mich die WM nicht genug – und ich hab’ auch zu viel zu tun. Außerdem verbringe ich meine Abende lieber mit meiner Familie. Dass wegen der Zeitverschiebung erst spätabends angepfiffen wird, ist mir recht. Da muss ich mir nicht so viel Zeit freischaufeln. Die Daumen drücke ich für Deutschland. Aber wir haben keine einfache Gruppe. Wenn Deutschland ausscheidet, bin ich für Argentinien. Das klingt nach Sommer, Sonne und Wärme.«
Makkabi-Präsident Alon Meyer, Frankfurt am Main
»Möge der Bessere gewinnen«
»Ich werde die Ergebnisse der Fußball-WM auf jeden Fall verfolgen. Die Spiele auch anzuschauen, ist eher eine Zeitfrage. Früher hat mir der Fußball der brasilianischen Nationalmannschaft gefallen. Doch bei den letzten beiden Weltmeisterschaften waren sie nicht so erfolgreich. Ich betrachte die Fußball-WM ganz nach dem Motto ›Möge der Bessere gewinnen‹. Ich habe kein Team, dem ich besonders die Daumen drücke.«
Rabbiner Alexander Nachama, Dresden
»Wir Nichtgucker sind in der Minderheit«
»Prinzipiell sind Sport und Bewegung wichtig im jüdischen Leben. Fußball ist eine Form davon. Aber ehrlich gesagt, ich schaue keinerlei Sportsendungen im Fernsehen an und fiebere auch mit keiner Mannschaft. Mein Tag hat nur 24 Stunden, und mit Arbeit und Familie ist er schnell um. Sport im Fernsehen oder im Stadion anzuschauen, ist eine Möglichkeit, Emotionen rauszulassen. Die 20 oder 30 Prozent, die sich derzeit nicht für die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft interessieren, sind »eine verrückte Minderheit«.
Rabbiner Schneor Trebnik, Ulm
Zusammengestellt von Brigitte Jähnigen, Rivka Kibel, Claudia Trache und Elke Wittich