Zwei Schuljungen prügeln sich. Der eine ist Christ, der andere Jude. Es geht richtig zur Sache. Bis der jüdische Junge am Boden liegt. »Jetzt slow motion!«, ruft Regisseurin Verena Sarré. Der eine Raufbold hilft dem anderen auf, und dann prügeln sich die beiden langsam, was fast noch mehr Spaß macht. Im echten Leben würden sich die zwei sowieso nie kloppen, da wären sie sich vielleicht gar nicht begegnet. Jetzt aber singen und schauspielern sie zusammen.
Normalität Es sind die letzten Proben von Brundibár, einer Kinderoper von Hans Krása, dem jüdisch-tschechischen Komponisten, der 1942 nach Theresienstadt deportiert worden war. Über 50-mal wurde das Werk dort von Kindern auf die Bühne gebracht, ein »Märchen«, das ihnen ein Stück Normalität schenken sollte. Dass darin eine Kinderbande den bösen Leierkastenmann Brundibár besiegt, ließ sie vielleicht hoffen. Anninka und Pepicék, Geschwister, die an Milch kommen müssen, um ihrer kranken Mutter zu helfen, waren sicher begehrte Rollen.
Flora hätte die auch gerne gespielt und gesungen. Sie ist acht Jahre alt und eines der sieben jüdischen Kinder, die bei einer Szene der Kinderoper mitspielen. Sie gehören zur Kinderbande, wuseln zwischen den anderen 30 Kindern und Jugendlichen herum. Ob sie finden, dass es etwas anderes ist, wenn man als jüdisches Kind bei Brundibár mitmacht? »Ja, das ist es«, darin sind sie sich einig, und dass es wichtig ist, die Geschichte hinter der Geschichte zu kennen.
»Ich finde das traurig und berührend, aber vor allem interessant, und so, wie das hier inszeniert ist, auch nicht zu schlimm«, meint Odelia (12). Ja, es sei traurig, sagt auch Sonja (8), aber auf der Bühne zu stehen, wäre einfach toll. Thalia (8) findet, dass sie hier ein bisschen erfahren könne, wie schlimm es damals »unseren Familien gegangen ist«.