Themenjahr

Eine Stadt erinnert sich

Biografien begegnen: der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit am Pariser Platz Foto: MIke Minehan

Dicht aneinandergereiht stehen sie da: Albert Einstein, Valeska Gert und Erich Mühsam. Auf Litfaßsäulen direkt neben dem Brandenburger Tor sind große Schwarz-Weiß-Fotografien von ihnen abgebildet, darunter finden sich biografische Informationen zu ihrem Leben und Werk. Ab und zu nickt einer der Betrachter, sagt etwas zu seinem Begleiter und schlendert schließlich weiter zur nächsten Litfaßsäule, auf der andere historische Fotos von jüdischen Berlinern zu sehen sind.

Die Porträtausstellung in Gestalt von Litfaßsäulen ist eines von über 500 Projekten des Themenjahrs »Zerstörte Vielfalt«. Unter diesem Motto erinnert das Land Berlin ab dem 30. Januar 2013 an die Opfer des Nationalsozialismus – dem 80. Jahrestag der Machtübernahme Adolf Hitlers. Mehr als 120 Projektpartner haben sich dafür gemeinsam engagiert. Dazu gehören unter anderem Museen, Vereine, Stiftungen, Unternehmen, Galerien und Künstler.

erinnern »Die Vielfalt eines weltoffenen Berlins der 1920er- und 1930er-Jahre wurde durch den Nationalsozialismus in kürzester Zeit und mit schwerwiegenden Folgen zerstört«, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit am Montag beim Auftakt des Themenjahrs im Max Liebermann Haus. »Daran wollen wir mit dem Themenjahr erinnern. Wir werden nicht vergessen.« Es solle deutlich werden, was es bedeute, wenn Weltoffenheit, gesellschaftliche Vielfalt und Toleranz zerstört werden.

Die konkreten Auswirkungen des Nazi-Regimes und der biografische Zugang ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch die einzelnen Veranstaltungen. So verknüpfen die Lebensgeschichten der NS-Opfer die einzelnen Veranstaltungen des Themenjahrs miteinander und ermöglichen es, dem Schaffen und dem Schicksal einzelner Persönlichkeiten dieser Zeit nah und verständlich folgen zu können. Darunter sind bekannte Namen wie Max Reinhardt oder Bertolt Brecht, die vor der Machtübernahme der Nazis die Vielfalt Berlins repräsentierten. Die meisten Schicksale indes sind bis heute unbekannt – von Musikern über Zirkusartisten bis hin zu Kabarettisten.

Zu den wichtigsten Schwerpunkten des Programms gehören zahlreiche Veranstaltungen, die im öffentlichen Raum auf die massenhafte Verfolgung aufmerksam machen sollen. Dazu zählt unter anderem das Projekt »Themenjahr Open-Air«, bei dem an elf ausgewählten Orten in Berlin verschiedene Säulen-Ausstellungen installiert werden. Diese Markierungen werfen vom jeweiligen Ort ausgehend Schlaglichter auf die Geschichte Berlins in der NS-Zeit.

Online Und auch Online gibt es beim Themenjahr viel zu entdecken. Das Jüdische Museum Berlin startet am 31. Januar eine Internet-Sonderseite zum 80. Jahrestag der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Wöchentlich sind auf der Seite Dokumente und Fotografien zu sehen, die sich jeweils auf einen bestimmten Tag des Jahres 1933 beziehen. Eine App der Berliner Geschichtswerkstatt macht auf dem Smartphone die Erinnerungen an die Spuren der Zwangsarbeit in Berlin sichtbar.

Begleitet wird das Programm von einer nach dem Motto des Themenjahres benannten Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (DHM). Die Besucher bewegen sich dabei in einer Art Stadtrundgang, erklärte der Präsident des Museums, Alexander Koch, bei der Vorstellung des Programms.

Ausgewählte Orte wie der Kurfürstendamm oder der Anhalter Bahnhof werden auf diese Weise mit den Themen verknüpft, die die Etablierung des Nationalsozialismus schlaglichtartig beleuchten.

Die Ausstellung im DHM dauert, wie das gesamte Themenjahr, bis zum 9. November 2013 – bis zu jenem Tag also, an dem vor 75 Jahren die Nazis in ganz Deutschland marodierend durch die Straßen marschierten und Synagogen anzündeten.

www.berlin.de/2013

Kino

Am Scheideweg der Erinnerungskultur

Der Comic-Experte Michael Schleicher stellte in München den Animationsfilm »Das kostbarste aller Güter« vor

von Nora Niemann  02.04.2025

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

»Hans Rosenthal erinnert uns daran, dass jüdisches Leben zu Berlin gehört«

Der Regierende Bürgermeister: »Er überlebte die Schoa nur, weil ihn einige mutige Frauen aus Lichtenberg in einer Schrebergarten-Kolonie versteckten«

 01.04.2025

Magdeburg

Magdeburg erhält 800. Stolperstein

2007 wurde der erste Gedenkstein für den früheren Magdeburger Bürgermeister Herbert Goldschmidt verlegt

 31.03.2025

Berlin

Initiatoren halten an »Drei-Religionen-Kita« fest

Aufgrund von Sparmaßnahmen strich der Senat im vergangenen Dezember die Fördergelder

 31.03.2025

Todestag

Wenn Worte überleben - Vor 80 Jahren starb Anne Frank

Gesicht der Schoa, berühmteste Tagebuch-Schreiberin der Welt und zugleich eine Teenagerin mit alterstypischen Sorgen: Die Geschichte der Anne Frank geht noch heute Menschen weltweit unter die Haut

von Michael Grau, Michaela Hütig  31.03.2025

Berlin

Freundeskreis Yad Vashem: Michalski wird Geschäftsführer

In der neuen Position wolle er dazu beitragen, die herausragende Arbeit von Yad Vashem weithin sichtbar zu machen, sagt der bisherige Direktor von HRW Deutschland

 31.03.2025

Porträt der Woche

In der Rolle aufgehen

Nelly Pushkin hat Mathematik studiert – und ist Rebbetzin aus Leidenschaft

von Brigitte Jähnigen  30.03.2025

Buch

Die Zeit festhalten

Der Fotograf Stephan Pramme hat für die »Objekttage« des Jüdischen Museums Berlin Jüdinnen und Juden in Deutschland porträtiert. Sie zeigten ihm Erinnerungsstücke, die für ihre Familien- und Migrationsgeschichte stehen

von Katrin Richter  30.03.2025