Ein antisemitisch motivierter Angriff auf einen in München lebenden Rabbiner und seine Familie sowie zeitnahe Davidstern-Schmierereien im Treppenhaus des Wohnhauses eines Mitglieds der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern versetzen die jüdische Gemeinde in Unruhe.
Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, die die zunehmende Akzeptanz von Antisemitismus und Israelfeindlichkeit in der Gesellschaft seit Jahren wahrnimmt, zeigt sich tief besorgt. Angesichts vergleichbarer Fälle in der jüngeren Vergangenheit spricht sie von einem gefährlichen gesellschaftlichen Trend.
sicherheit »Sicherheit im öffentlichen Raum, die eigentlich für alle Bürger selbstverständlich sein sollte, rückt gerade für Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft in immer weitere Ferne. Leider ist dieser Vorfall symptomatisch für die schwierige Situation vieler jüdischer Menschen in der heutigen Zeit«, lautet ihre nüchterne Bilanz.
Die Polizei bestätigte den Angriff auf den Rabbiner und dessen Söhne, der sich am frühen Samstagnachmittag in Schwabing, Ecke Hohenzollernstraße/Wilhelmstraße nach dem Besuch der Synagoge ereignete. Der Rabbiner und die beiden Jungen, die anhand ihrer Kippot klar als jüdisch zu erkennen waren, wurden nach Darstellung der Polizei zunächst von einem Mann als »Scheiß Juden« beschimpft, dann auch von einer im Auto sitzenden Frau. Sie war es zudem, die einem der Jungen ins Gesicht gespuckt haben soll.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch führt derartige Vorkommnisse auch auf ein verändertes gesellschaftliches Klima zurück.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch führt derartige Vorkommnisse auch auf ein verändertes gesellschaftliches Klima zurück. »Jüdische Menschen«, erklärte sie, »bewegen sich in der Öffentlichkeit heute vorsichtiger und zurückhaltender als noch vor wenigen Jahren. Viele vermeiden es inzwischen ganz bewusst, sich als jüdisch zu erkennen zu geben, um Schwierigkeiten und Repressalien zu entgehen. In einer Zeit, da Hass in den Parlamenten, in der Gesellschaft und insbesondere im Internet zunehmend zu einem Grundrauschen unseres Zusammenlebens geworden ist, ist es leider nicht mehr überraschend, wenn Antisemitismus sich in solcher Form Bahn bricht.«
antisemitismusbeauftragter Entsetzen löste die judenfeindliche Attacke auf offener Straße auch bei Bayerns Antisemitismusbeauftragtem Ludwig Spaenle aus, der von einem »Gewaltakt« sprach, der einen Angriff auf den gesamten Stadtfrieden darstelle. Auch er wies darauf hin, dass Attacken auf jüdische Bürger, meist Beleidigungen, nicht neu seien. »Diese Tat aber«, erklärte Spaenle, »hat eine neue Qualität.«
Auch die evangelische Kirche meldete sich nach Bekanntwerden des Angriffs auf die Rabbinerfamilie zu Wort. Auf Twitter schrieb Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler: »Es ist eine Schande, dass so etwas in unserer Stadt geschieht.«