Herr Lehrer, am Donnerstag wird die Synagoge in Potsdam eingeweiht. Was wünschen Sie ihr?
Dass sie für die jüdische Gemeinschaft in der Stadt die Funktion übernehmen wird, die sich alle Beteiligten wünschen, nämlich eine neue Heimstatt für Juden und Jüdinnen zu sein. Sie ist eine wirklich wunderschöne Synagoge, in der man gemeinschaftlich beten kann und in der die Dinge, die zwischen den Gemeinden stehen, in den Hintergrund treten und das Gemeinschaftliche im Vordergrund steht.
Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST) übernimmt für drei Jahre die Trägerschaft und hat für die Zeit danach ein Nutzungskonzept für vier Gemeinden erstellt. Was ist mit der fünften, der Gesetzestreuen Jüdischen Landesgemeinde?
Deren Vertreter, Shimon Nebrat, hatte sich erst während der Phase gemeldet, als das Nutzungskonzept schon mehr oder weniger fertig war. Wir hatten ihm angeboten, da einzusteigen. Aber auch dann gab es leider keine weitere Reaktion darauf. Aus meiner Sicht ist er der Einzige, der sich da quasi wirklich verweigert hat.
Wäre eine Einheitsgemeinde realistisch?
Ich hoffe. Ich schmunzle ein bisschen. Natürlich erhoffe ich mir, dass es sich nach den drei Jahren, die die ZWST dieses Haus führen wird, ergeben wird, dass zumindest die beiden großen Gemeinden miteinander wiedervereinigt werden. In puncto religiöse und soziale Ausrichtung liegen diese so gut wie überhaupt nicht auseinander.
Warum hat die ZWST die Trägerschaft übernommen?
Wir haben gesagt, wir vertreten die im Zentralrat der Juden und in der ZWST vertretenen Mitgliedsgemeinden, werden aber natürlich versuchen, die sogenannten Nichtmitglieder auch gleichberechtigt zu berücksichtigen. Und ich glaube, das ist uns wirklich exzellent gelungen. Zeugnis davon gibt das Nutzungskonzept, das vor allen Dingen die beiden großen Gemeinden miteinander geschlossen haben.
Wie würden Sie die neue Synagoge beschreiben?
Ich glaube, es ist ein Bau, der die Größenverhältnisse der Gemeinden in Potsdam widerspiegelt. Wir haben eine Größe der Synagoge, die auch zu den Hohen Feiertagen ausreichend Platz bieten wird. Wir haben eine Synagoge, die den Bedürfnissen der Gemeinden und der Menschen in Potsdam entspricht. Und insofern, so glaube ich, haben wir mit diesem Bau und dem Gemeindezentrum ein wirkliches Kleinod für die Stadt Potsdam geschaffen. Allerdings: Wenn man etwas bezieht, dann ist alles direkt am Tag nach dem Einzug schon wieder zu klein. Das ist immer so, aber der Saal und die Büroräume, die geschaffen wurden, reichen zunächst einmal aus.
Ist ein offenes Haus trotz des angestiegenen Antisemitismus noch realistisch?
Prinzipiell würde ich sagen, ja. Aber es hat zur Folge, dass wir noch mehr Schutzmaßnahmen brauchen. Dennoch sollten wir im Moment an der Idee eines offenen Hauses, also einer Beteiligung der nichtjüdischen Umwelt am Leben in diesem Haus, festhalten. Vielleicht wird man das ein bisschen mehr einschränken, als es ursprünglich gedacht war. Aber prinzipiell, glaube ich, wird es möglich sein.
Die ehemalige Synagoge wurde 1938 beschädigt, später zerstört. Das Land Brandenburg finanzierte nun mit 17 Millionen Euro den Bau. Sind Sie dafür dankbar?
Wenn die Politik auf Bundesebene, Länderebene und auf kommunaler Ebene immer wieder sagt: »Wir wollen jüdisches Leben, wir wollen den Juden eine Heimstatt geben, und sie sollen sich bei uns sicher fühlen und, und, und …«, dann glaube ich, gehört es dazu, dass man eine Art Grundausstattung in jüdische Gemeinden gibt, weil die Gemeinden aufgrund ihrer Größe, aufgrund des Verlustes von Vermögen nicht in der Lage sind, so etwas wie früher selbst zu bauen oder zu entwickeln. Natürlich bin ich dankbar, dass das Land in diesen schwierigen Zeiten so viel Geduld aufgebracht hat. Mit den Gemeinden, die miteinander diskutiert haben, die wiederum mit der Landesregierung und dem Architekten Jost Haberland diskutiert haben. Unter dem Aspekt »Wir wollen das jüdische Leben« ist es der richtige Schritt – und auch ein selbstverständlicher Schritt.
Mit dem Präsidenten der ZWST sprach Christine Schmitt.