Literatur

Eine Klassikerin der Moderne

Verleger Wolfgang Balk präsentierte die erste kommentierte Mascha-Kaléko-Werkausgabe

von Marina Maisel  30.10.2012 07:44 Uhr

Kaléko-Freundin Gisela Zoch-Westphal Foto: Marina Maisel

Verleger Wolfgang Balk präsentierte die erste kommentierte Mascha-Kaléko-Werkausgabe

von Marina Maisel  30.10.2012 07:44 Uhr

Für den Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) ist die erste Gesamtausgabe der Werke von Mascha Kaléko ein Ereignis. Erstmals wagt sich der Verlag in seiner Geschichte, wie Verleger Wolfgang Balk erklärte, damit an »eine eigene, selbstsändige, kritische Edition«. Ein Ereignis, das Kaléko, die sich von der Kritik oft mehr Beachtung gewünscht hat, sicherlich gefreut hätte.

Durch die Gesamtausgabe wird Kaléko endlich an die Seite der anderen Klassiker ihrer Zeit wie Kurt Tucholsky und Erich Kästner gestellt: und das in gleich zwei Varianten – als limitierte Hardcoverausgabe und als preiswerte Studienausgabe, vorgestellt im Hubert-Burda-Saal des IKG-Kulturzentrums. Ein Erfolg auch für die Freundin und Nachlassverwalterin der Dichterin, Gisela Zoch-Westphal, für die Kaléko-Biografin Jutta Rosenkranz, für Lektorin Eva-Maria Prokop und nicht zuletzt auch für den Münchner Verlag selbst.

Lyrik Der Schriftsteller Tilman Spengler, als Moderator auf dem Podium, sieht in der Werkausgabe »einen Wiedergeburtstag in editorischer Hinsicht« und lässt im Gespräch mit Gisela Zoch-Westphal und Jutta Rosenkranz Leben und Werk Mascha Kalékos wiederaufleben. Wie es zum Beispiel war, als Zoch-Westphal der Lyrikerin im Juli 1968 in Zürich erstmals vorgestellt wurde und mit dem Namen der »zierlichen, ganz in Schwarz gekleideten Frau« noch nichts verbinden konnte. Und wie sie später auf einer Lesung Kalékos erlebte, welche außergewöhnliche Wirkung ihre Lyrik auf die Zuhörer hatte.

Dass die Verse von Mascha Kaléko bis heute nichts von ihrer Kraft eingebüßt haben, davon konnten sich auch die Besucher der Veranstaltung überzeugen, als die Schauspielerin Maria Schrader Gedichte, Briefe und Texte der Schriftstellerin vortrug. Passend zu den Inhalten werden Fotos aus dem Leben der Dichterin auf die Leinwand projiziert. Starke Sätze prägen sich ein: »Ich, Europas blasses Judenkind«.

Hoffnungen Jutta Rosenkranz skizziert die Biografie der Dichterin. 1907 in Galizien geboren, emigrierte Kaléko als Kind nach Deutschland, besuchte in Berlin die Schule und begann 1924 eine Bürolehre. Nebenbei liest sie Nietzsche, Schopenhauer, Heine und interessiert sich für Psychologie, Philosophie und Literatur. Sie beginnt zu schreiben, zu dichten, zu reimen und veröffentlicht 1929 ihr erstes Gedicht in einer Berliner Zeitung.

Der Erfolg stellt sich schnell ein, trotzdem arbeitet sie bis 1934 weiter als Sekretärin, sammelt Beobachtungen und findet dort die Quelle für ihre Inspiration. In ihren Gedichten schildert sie die Nöte, die Ängste und die Hoffnungen der Großstadtmenschen. Für Jutta Rosenkranz liegt das Geheimnis der Lyrik von Mascha Kaléko in ihrer »Zeitlosigkeit.«

Auch wenn die Geschichte sie zwingt, 1938 in die USA zu emigrieren, versteht sie sich immer als »deutscher Dichter/Bekannt im deutschen Land«. Trotzdem wollte sie 1959 den Fontane-Preis, für den sie nominiert war, als Jüdin und verfolgte Autorin nicht aus den Händen des früheren SS-Mannes Egon Holthusen entgegennehmen und zog ihre Kandidatur zurück. 1956 besucht Kaléko zum ersten Mal wieder ihre alte Heimat, bevor sie schließlich nach Israel übersiedelt.

Interview

»Wo immer wir gebraucht werden – wir sind da«

Rabbiner David Geballe über Seelsorge in der Bundeswehr und die Vermittlung von Wissen

von Helmut Kuhn  04.02.2025

Porträt der Woche

Frau der ersten Stunde

Avital Toren wurde vor 30 Jahren gebeten, die Gemeinde in Heilbronn aufzubauen

von Gerhard Haase-Hindenberg  02.02.2025

Hamburg

»Wir sind dran!«

Von Klimawandel bis jüdische Identität: Der Jugendkongress 2025 verspricht vier intensive Tage

von Florentine Lippmann  02.02.2025

Leer (Ostfriesland)

Schoa-Überlebender Weinberg will mit Steinmeier sprechen

Nach seiner Ankündigung, das Bundesverdienstkreuz abzugeben, hat der fast 100-jährige Zeitzeuge ein Gesprächsangebot des Bundespräsidenten angenommen

 31.01.2025

Berlin

Jüdische Stimmen zur Asyl-Abstimmung: Ein Überblick

Wie blicken Juden auf den Vorwurf, die CDU reiße die Brandmauer zur AfD ein? Wir haben uns umgehört

von Imanuel Marcus  30.01.2025

Bildung

Das beste Umfeld

Zwar beginnt das neue Schuljahr erst nach dem Sommer, doch schon jetzt fragen sich Eltern: Welche Schule ist die richtige? Gespräche mit Schulleitern über Wartelisten, Sprachniveau und Traditionen

von Christine Schmitt  30.01.2025

München

Fit fürs Finale

Beim Vorentscheid zum »Chidon Hatanach« in Jerusalem wurde wieder jede Menge religiöses Wissen abgefragt

von Luis Gruhler  30.01.2025

Rostock

Den Vorhang auf

Seit vielen Jahren gibt es in der Jüdischen Gemeinde eine Theatergruppe. Ein Besuch bei den Proben für »Kalif Storch« im Kulturhistorischen Museum

von Katrin Richter  29.01.2025

Dachau

Igor Levit für neue Instrumente der Erinnerungsarbeit

»Wenn man dieses »Nie wieder« ins 21. Jahrhundert übersetzen will, müssen wir uns gewaltig anstrengen«, so der Pianist

 29.01.2025