Initiative »Jewig«

Eine Frage der Organisation

Junge Juden wollen Bildung professionalisieren und für die Gemeinden Events veranstalten

von Tina Kampf  10.08.2015 17:37 Uhr

Das Jewig-Team im Einsatz Foto: jewig e.V.

Junge Juden wollen Bildung professionalisieren und für die Gemeinden Events veranstalten

von Tina Kampf  10.08.2015 17:37 Uhr

Jugendleiter ausbilden, ein Schabbaton organisieren, ein Seminar über die Bedeutung Israels in der modernen Gesellschaft veranstalten oder einfach eine gelungene Chanukkafeier auf die Beine stellen – Katia Novominski und Alex Delomann wissen, wie das geht. Die beiden haben noch etwas anderes erfahren: nämlich, dass es Gemeinden gibt, die bei solchen Projekten gerne Hilfe in Anspruch nehmen. Damit war eine Idee geboren: Novominski und Delomann gründeten 2011 gemeinsam mit weiteren Mitstreitern den Verein Jewig. Und die gemeinnützige Organisation mit Sitz in Berlin ist rührig.

»Wir wollen die jüdische Bildung professionalisieren«, erklärt Novominski, die selbst unter anderem einen Uni-Abschluss in Erziehungswissenschaft hat. Wie sie selbst seien die im Verein Engagierten also in diesem Bereich Profis und zudem versiert in Eventmanagement und Logistik. Der derzeitige Vorsitzende Michael Rosenfeld studiert Jura in Leipzig. Quer durch Deutschland sind die Aktiven verstreut, von Karlsruhe über Köln, von Berlin bis Leipzig. Und selbst aus dem Ausland, etwa aus Österreich oder der Schweiz, kommen schon Anfragen für Kooperationen.

Uni Als Konkurrenz etwa zur Jüdischen Hochschule in Heidelberg oder zu Rabbinerseminaren sieht sich der Verein explizit nicht. Es geht ihm um informelle Bildung, einen Uni-Abschluss beispielsweise erwerben die Teilnehmer der Veranstaltungen nicht. Jede Menge Wissen nehmen sie dennoch mit. »Und sie werden Spaß haben«, versichert Novominski, die ehrenamtliche Geschäftsführerin von Jewig ist.

Delomann ist Hauptprojektleiter im Verein. Dieser ruht auf zwei Säulen. Da sind zunächst einmal eigene Projekte und solche, die in Kooperation mit anderen Institutionen laufen. In einem zweiten Segment versteht sich Jewig als Dienstleister für Gemeinden und Organisationen. Und dieses Angebot liegt den Aktiven besonders am Herzen.

»In den meisten Gemeinden läuft die Bildungsarbeit ehrenamtlich«, sagt Novominski. Und es sei schwer, Projekte in diesem Bereich auszulagern. Genau an dieser Stelle will Jewig ansetzen. Für die Gemeinden sollen keine riesigen Kosten entstehen. Die meiste Arbeit wird vom Jewig-Team ehrenamtlich geleistet, wobei natürlich Aufwandsentschädigungen anfallen.

Israel-DDR Das Dienstleistungssegment will Jewig weiter ausbauen. Doch auch eigene neue Projekte sind schon in der Planung. Bereits jetzt gibt es immer wieder Seminare und Schabbatons, die das Team organisiert. In Karlsruhe zum Beispiel zusammen mit dem Bund traditioneller Juden (BtJ) – in Halle wurde ein akademisches Programm zu den Beziehungen zwischen Israel und der DDR gestemmt.

Und im Rahmen eines Seminars für junge Erwachsene in Dessau ging der Verein in Halberstadt, wo es keine eigene jüdische Gemeinde mehr gibt, auf Spurensuche. Die Teilnehmer machten sich so beispielsweise auf den Weg zur früheren Synagoge. »Mein Herz ist im Osten« (Yehuda Halevi) war ein Fotowettbewerb überschrieben, bei dem die Teilnehmer von Deutschland aus Israel in den Blick nahmen – ein Projekt, unterstützt von Nevatim und der Jewish Agency for Israel, aus dem ein Tischkalender entstand und das vorwiegend auf Facebook beworben wurde. Dort gründete Jewig zudem die Gruppe »Frag den Rabbiner«, die schnell ein großer Erfolg wurde.

www.jewig.de
info@jewig.de

Frag den Rabbiner
Die Tradition erobert das soziale Netzwerk: »Frag den Rabbiner« hat Jewig eine Facebook-Gruppe überschrieben, bei der die Mitglieder schnell eine kompetente Antwort erhalten. Was ist mit den Mesusot bei einem Umzug, sollen sie mitgenommen werden oder bleiben – auch dann, wenn die Nachmieter nicht jüdisch sind? Sollen Demenzkranke an Trauertagen fasten? Und darf man am Schabbat auf einem komplett umzäunten Gelände Dinge tragen? Bis zu 20 Fragen am Tag werden in der Gruppe im Durchschnitt gepostet – von daheim am PC oder vom Handy von unterwegs. Und praktisch alle Rabbiner Deutschlands, die in den sozialen Netzwerken aktiv sind, geben so schnell wie möglich Antworten. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz (ORD) hat die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen, das inzwischen fast 2000 Mitglieder auf Facebook hat. Tendenz stark steigend. Die meisten Nutzer sind jüdisch, dennoch ist die Gruppe öffentlich. Fragen können auf Deutsch, Englisch, Hebräisch oder Russisch gestellt werden.

www.facebook.com/groups/rabbiner

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