Sarah Singer ist sich sicher: »Das Bild mit dem Baum gefällt mir ausgesprochen gut«, sagt das Vorstandsmitglied der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Aber auch das Bild mit dem Chanukkaleuchter und das mit der leuchtenden Orange – »Ach, eigentlich kann ich es kurz fassen: Alle Bilder sind toll, und die bunten Farben sind eine Wucht«, sagt sie.
Die ZWST hatte für ihren traditionellen Neujahrsempfang nicht in die Büroräume in der Friedrichstraße geladen, sondern in das Kunstatelier »Omanut«, einer Werkstatt, in der Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung arbeiten. Die ZWST ist Träger des Projektes. »Wir freuen uns, dass der Empfang bei uns stattfindet«, sagte Jörg Kaminski, der seit Jahren dabei ist und von dem etliche Bilder ausgestellt sind.
Es sei eine große Ehre. Früher war er Industriekaufmann und Kommunikationsberater, doch dann wurde er psychisch krank. Vor dem Neujahrsempfang hatten die Künstler viel zu tun: Mehrere Tage lang gestalteten sie die Wände mit ihren Bildern, Collagen und Mosaiken, stellten ihre selbst gezogenen Kerzen auf, um ihre Arbeiten rechtzeitig zum Empfang präsentieren zu können.
Heimat Neben Pädagogen und ZWST-Mitarbeitern kamen auch Interessierte anderer Organisationen und Verbände, wie Imrich Donath von Akim Deutschland und Sabina Bombien-Theilmann, stellvertretende Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. »Mich interessiert es, wie hier gearbeitet wird«, sagte sie. »Die Teilnehmer finden hier ein Zuhause und eine kleine Heimat«, sagte Sarah Singer in ihrer Rede. Es sei ihr und den Mitarbeitern wichtig, diese zu erhalten.
Die Eltern der Omanut-Teilnehmer sind froh, dass ihre mittlerweile erwachsenen Kinder aufgefangen werden und in den Räumen in der Joachimsthaler Straße arbeiten können. Obwohl es etlichen am Anfang sehr schwerfiel, ihre Töchter und Söhne von anderen Menschen betreuen und fördern zu lassen. Wenn die Eltern eines Tages nicht mehr da sein sollten, dann »haben die Kinder uns«. Es sei wichtig, dass man schwächeren Menschen helfe, denn am Ende zähle nur die Gemeinschaft, betonte Singer. Sie wünscht sich auch in anderen Städten »so ein tolles Angebot«.
Identität Zumindest in Israel gibt es bereits ähnliche Einrichtungen, sagte Imrich Donath, die schon 1950 auf Initiative der Elternschaft entstanden waren. Der Berliner Gemeinderabbiner Jonah Sievers sagte in seiner Ansprache, er freue sich, dass es eine jüdische Einrichtung für Betroffene gebe, in der sie mit ihrer eigenen jüdischen Identität leben können.
Seit knapp sieben Jahren ist das Atelier Treffpunkt für etwa 20 Teilnehmer, die von Pädagogen und Kunsttherapeuten betreut werden, so die Leiterin Judith Tarazi. Zuletzt wurden mehrere Wochen lang die Bilder der Teilnehmer im Rathaus Köpenick ausgestellt.