Eine Menora mit den Worten »Von Mensch zu Mensch« empfing die Gäste. An eine Wand im Foyer des jüdischen Gemeindezentrums am Jakobsplatz projiziert, verwies sie die vielen Hundert Menschen, die an diesem Tag gemeinsam Jom Haazmaut feiern wollten, auf einen wichtigen Grundgedanken, stand dieser 67. Geburtstag des Staates Israel doch auch ganz im Zeichen des 50. Jahrestages der deutsch-israelischen Diplomatie: Es waren stets persönliche Kontakte, die die positiven Entwicklungen möglich machten und begleiteten.
Bereits auf der Einladungskarte war zu lesen: »Der Weg zu den offiziellen diplomatischen Beziehungen wurde insbesondere durch zivilgesellschaftliches Engagement vorbereitet: Jugendaustausch. Delegationsreisen und erste Partnerschaften auf kommunaler Ebene sowie der Wirtschafts- und Wissenschaftsaustausch haben teilweise eine längere Tradition als die diplomatischen Kontakte. Der Ausbau dieser bilateralen Beziehungen von Mensch zu Mensch, ihre Vertiefung und praktische Umsetzung im Detail sind das gemeinsame Ziel im Jubiläumsjahr 2015.« Außerdem wurde in dem Einladungsschreiben betont, dass die Geschichte der Völker stets auch die Summe ihrer Erzählungen und Erinnerungen ist.
Aufbau In Hinblick darauf verbinde sich seit dem Bestehen des Staates Israel die Erinnerung nicht nur mit der langen Geschichte des jüdischen Volkes und der Schoa. Immer sei die Freude über den jungen Staat auch eng verbunden mit der Trauer um die Toten der Kriege und die Opfer des Terrors. Dieser gedachten viele Gemeindemitglieder im Rahmen des Abendgottesdienstes in der Ohel-Jakob-Synagoge zu Jom Hasikaron.
Gemeinderabbiner Israel Meir Levinger, dessen Eltern rechtzeitig die Flucht aus München nach Eretz Israel gelungen war und dessen Bruder in Israel gefallen ist, erinnerte in bewegenden Worten an die Geschichte des Landes, deren Zeuge er selbst noch ist: die Morde und Verbrechen der Schoa, aber auch die Gründung und den Aufbau des Staates Israel. »Deshalb dürfen und wollen wir heute feiern«, sagte er, bevor man in den festlich geschmückten Hubert-Burda-Saal umzog.
»Wir kommen gerade aus dem Gottesdienst zu Jom Hasikaron, der nun zu Ende geht«, begrüßte dort Präsidentin Charlotte Knobloch die Gäste und bat sie, sich von ihren Plätzen zu erheben, um der »tapferen Soldaten und Soldatinnen – unserer Brüder und Schwestern – zu gedenken, die bei der Verteidigung des Staates Israel ums Leben gekommen sind. Wir verneigen uns vor unseren Brüdern und Schwestern. Sie gaben ihr Leben für einen Traum. Für unseren Traum. Für den Glauben an das Wunder, das Realität wurde: der jüdische Staat. Der Staat Israel! Das Land, in dem wir als Juden leben können.« Das Gedenken galt auch den Zivilisten, die dem palästinensischen Terror zum Opfer fielen. Zugleich, so die Präsidentin, »beten wir für die Heimkehr der vermissten Soldaten«.
Mainstream Hatten zuvor schon die Kinder der Sinai-Schule den Abend mit Liedern und Geburtstagsständchen für Israel eröffnet und gemeinsam mit den Gästen die Hatikwa gesungen, so wandte sich nun auch Knobloch in ihrer Begrüßungsansprache dem Geburtstagskind Israel zu. Dass in diesem Jahr die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland seit einem halben Jahrhundert bestehen, nannte sie in letzter Konsequenz ein Wunder. Das gebe ebenso wie die Existenz Israels Anlass zu Freude und Hoffnung.
Auch wenn sie diesen Freudentag nicht mit der Aufzählung von Problemen belasten wolle, so stellte sie einen Punkt klar: »Ich habe es satt, attackiert zu werden, weil ich mir herausnehme, Israel nicht zu kritisieren. Weil ich eine Meinung vertrete, die nicht dem Mainstream entspricht, die vielen Gutmenschen nicht passt. Die jüdische Meinung, zu der ich stehe, weil ich zum jüdischen Staat stehe, wie es sich für einen freiheitlich denkenden, demokratisch vernünftigen Menschen gehört.«
Die IKG-Präsidentin beschrieb Israel nicht nur als ein wunderschönes Land. Es sei auch das Land des Fortschritts, der besten Ideen und der größten Chancen. Der Staat und seine Menschen hätten in den letzten 67 Jahren Herausragendes geleistet, mehr als irgendjemand für möglich gehalten habe. »Wir sind wachsam. Wir beschützen unseren Traum. Wir halten zusammen. Wir glauben an dieses Wunder. Und wir kämpfen dafür. Heute feiern wir dieses Wunder!«, versicherte Knobloch.
Dan Shaham, Generalkonsul des Staates Israel in München, wandte sich in einem kurzen Grußwort an die Gäste und überreichte der IKG-Präsidentin eine Anthologie hebräischer Gedichte. Dann hieß es: Feiern bis nach Mitternacht. Die Gäste genossen das Essen und stürmten zu der Musik von Subband unter der Leitung von Avi Chaim aus Israel zum Tanzen aufs Parkett. Nur noch einmal wurde es offiziell: als die große Geburtstagstorte in den Saal geschoben wurde und Charlotte Knobloch sie anschnitt, begleitet von einem mehrhundertstimmigen »Happy Birthday« der Gäste.