Vortrag

Ein Widerspruch in sich?

Der israelische Demograf Uzi Rebhun sprach über israelische Migration nach Deutschland

von Ellen Presser  26.01.2023 13:06 Uhr

Uzi Rebhun (l.) und Michael Brenner Foto: Thomas Kestler

Der israelische Demograf Uzi Rebhun sprach über israelische Migration nach Deutschland

von Ellen Presser  26.01.2023 13:06 Uhr

Uzi Rebhun ist Spezialist für die Dokumentation und Analyse des zeitgenössischen Judentums. Ihn interessiert alles, ob es um die Zusammensetzung der Studierenden an der Hebräischen Universität in Jerusalem zwischen 1948 und 1967 geht, den Wandel der Beziehungen zwischen Israel und der Diaspora, etwaige Veränderungen jüdischer Identität in interreligiösen Ehen oder die Auswanderung von Israelis nach Amerika.

Nun kam Rebhun, den der Historiker und Gastgeber Michael Brenner als führenden Demografen Israels vorstellte, zu einem Vortrag ins Historicum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU).

»double burden« Sein aktuelles Thema, dem auch sein jüngstes, bislang nur in Englisch zugängliches Buch gewidmet ist, untersucht israelische Juden, die gegenwärtig in Deutschland leben. Wenn er von »double burden« spricht, ist die kombinierte Betrachtung aus sozialwissenschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung quantitativer, qualitativer und ethnografischer Daten gemeint.

Mit ihrer Hilfe erfasst er die Gründe für die Auswanderung, die Reaktion der Familie auf die Niederlassung in Deutschland, deren Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Situation sowie auf das Selbstbild und nicht zuletzt die Wahrnehmung von Antisemitismus in der neuen Lebensumwelt.

Rebhun schätzt, dass derzeit rund 20.000 Israelis in Deutschland leben, davon 60 Prozent in Berlin.

Die Erkenntnisse, die man an diesem Abend gewinnen konnte, waren teilweise überraschend. Doch zunächst stellte Rebhun Grundsätzliches fest, wonach zwischen 1880 und 2022 rund neun Millionen Juden umgezogen seien. Wobei das Wort »umgezogen« erst einmal alles einschließt, Flucht, Vertreibung, den Wunsch nach Veränderung, beeinflusst von ökonomischen und politischen Faktoren.

sehnsuchtsort Schon 2016 schrieb die israelische Historikerin Fania Oz-Salzberger, die ein Jahr in Berlin verbracht hatte, über Israelis in Berlin. Seitdem hat man den Eindruck, dass die deutsche Hauptstadt – vom Kaiserreich bis zur gesamtdeutschen Gegenwart – ein Sehnsuchtsort für Israelis geworden ist.

Rebhun hat diesen Eindruck, in Zusammenarbeit mit seinen deutschen Kollegen, der Forscherin Dani Kranz und dem Demografen Heinz Sünker, in seiner aktuellen Studie A Double Burden. Israeli Jews in Contemporary Germany überprüft. Israelis, die nach Deutschland gehen, verstünden sich meist als säkular; ihr aktuelles Leben sei ihnen wichtiger als Geschichte und Mythen der Vergangenheit. Dennoch gibt es Aussagen wie: »Wir vergessen die deutsche Vergangenheit nicht.«

Einzelne Personen kann man präzise befragen, Fluktuation ist schwer fassbar, zumal viele Israelis keine Integration in örtliche jüdische Gemeinden suchen. Viele seien während der Corona-Pandemie nach Israel zurückgekehrt. Rebhun schätzt, dass derzeit rund 20.000 Israelis in Deutschland leben, davon 60 Prozent in Berlin. Bei denen, die bleiben, dürfte deutsche Identität ein Thema in der nächsten Generation werden.

Erfurt

Israelischer Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025