Sie joggten, beteten, sangen, diskutierten und feierten – am Sonntagnachmittag ist der Gemeindetag des Zentralrats der Juden in Deutschland zu Ende gegangen. 1200 Teilnehmer fuhren nach vier Tagen in Berlin wieder in ihre Heimatgemeinden zurück. Was sie mitgenommen haben, das sind vor allem viele Eindrücke, neue Ideen und hoffentlich neue Freunde.
»Wir alle sind erfüllt von den Eindrücken der letzten vier Tage. Jeder von uns kann seine eigene Geschichte vom Gemeindetag erzählen«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. Das Motto »Ein Dach, eine Familie« klinge vielleicht erst einmal wie eine Worthülse, meinte Schuster: »Aber ich glaube, wer diese Tage hier erlebt hat (…), wer erlebt hat, wie an Schabbat in den Gottesdiensten, sowohl orthodox wie liberal, einfach nicht nur eine Andacht war, sondern – beide Synagogen – im wahrsten Sinne des Wortes mit Jüdischkeit erfüllt waren – ich glaube, für den ist das auch ein unvergessliches Erlebnis.«
einheit Schuster erwähnte, dass er hin und wieder höre, dass der Zentralrat angeblich nicht die Interessen aller vertreten würde. »Ich glaube, wer diesen Gemeindetag erlebt hat, der wird mir recht geben, dass wir es als unsere Aufgabe sehen, das Judentum insgesamt zu vertreten, unabhängig von der religiösen Ausprägung Einzelner.« Schuster betonte, dass die jüdische Gemeinschaft nur dann stark sei, »wenn sie mit einer Stimme sprechen kann und Partikularinteressen Einzelner hier zurückstehen müssen«.
Zentralratspräsident Josef Schuster bedankte sich bei den Keynote-Speakern, den Künstlern, der Sicherheit und auch bei den Mitarbeitern des Hotels, die »mit Herzblut« dabei gewesen waren.
Schusters Dank galt aber vor allem auch dem Gemeindetagsteam des Zentralrats und seinen beiden Kolleginnen im Präsidium, Vera Szackamer und Barbara Traub, »die sich in der konzeptionellen Vorbereitung des Gemeindetags stark engagiert haben«. Josef Schuster dankte dem Geschäftsführer des Zentralrats, Daniel Botmann, und stellvertretend für alle Mitarbeiter der Eventmanagerin Beatrice Loeb, die in den vergangenen Wochen »Übermenschliches geleistet« habe.
Teilnehmer Aber so ein Gemeindetag sei nun einmal nichts ohne seine Teilnehmer, sagte Schuster: »Ihre aktive Mitwirkung war es, die dieser Unternehmung zum Erfolg verholfen hat.«
Eine der 1200 Teilnehmer war Orly Licht aus Köln. Sie habe anstrengende Tage hinter sich, es sei aber »sehr beeindruckend und sehr schön« gewesen, erzählt sie. Sie sei ohne große Erwartungen nach Berlin gekommen und positiv überrascht worden.
Aus dem Workshop-Programm hatte sie sich wahrlich schwere Kost ausgesucht, zum Beispiel das Gespräch über Erinnerung an die Schoa und das Trauma in der zweiten Generation. »Die Leute begannen sofort zu erzählen, wie die Schoa ihr Leben beeinflusst hat, Eltern erzählten oder schwiegen in der Mehrzahl.« Das Sprechen darüber sei so wichtig, und Licht regt an, in allen Gemeinden Plattformen zum Austausch für die zweite Generation zu bilden.
Wünsche Wünsche für einen nächsten Gemeindetag hingen in etwa 1,80 Metern Höhe an einem Wunschbaum im Hotelfoyer. »Liebe, Zufriedenheit, Spaß, viel Lachen, Gemeinde« – dahinter drei Herzen. Das war nur eine von vielen Antworten, die Gemeindetagsteilnehmer dort hinterließen. Auf kleinen grünen und blauen Papier-Granatäpfeln schrieben die Besucher Anregungen, Eindrücke oder einfach ihren Dank.
Der ging vor allem an die Organisatoren, wie auf vielen Blättern des Wunschbaums zu lesen war, an die Küche oder generell an alle. Es gab allerdings auch ganz praktische Anregungen für das nächste Mal: »Mehr leuchtende Israel-Herzen (die beim Konzert verteilt wurden)« oder »koscheren weißen/roten Glühwein für Schabbat«.