Es sei ein solcher Erfolg gewesen, dass sich die Frauen ein baldiges neues Treffen gewünscht hätten, schwärmt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg. Gesagt, getan. Etwas kleiner, etwas anders fand es beim zweiten Mal in Osnabrück statt. Beim ersten Treffen im Oktober vergangenen Jahres hatten die Frauen Erfahrungen gesammelt und beim zweiten Mal ihr Treffen modifiziert. Wie, erklärt Towa Harety, neben Julia Konnik und Ita Afanasev die Powerfrau in Organisation und Durchführung. Annette Kanis sprach mit ihr über ihre Eindrücke vom zweiten Treffen.
Frau Harety, zum zweiten Mal haben Sie die Inspirationstage für Frauen aus ganz Deutschland mitorganisiert – wie haben Sie die Veranstaltung erlebt im Vergleich zum letztjährigen Event in Hannover?
Die Dynamik war anders. Es war dieses Jahr familiärer, die Veranstaltung hatte den Charakter von einem großen Freundinnentreffen. Die Gruppe war kleiner als im vergangenen Jahr – knapp 70 statt mehr als 100 Teilnehmerinnen. Und: Die Frauen kannten sich bereits, waren auch in den vergangenen Monaten in Kontakt geblieben.
Hatten Sie sich besondere Ziele gesetzt?
Wir haben unser Ziel der ersten Inspirationstage, dass die Frauen neue Freundschaften knüpfen können und Frauen aus anderen Gemeinden kennenlernen, erreicht. Das zweite Treffen war schon eine Stufe weiter als unser erstes Zusammenkommen. Wir sind begeistert.
Was machte die Inspirationstage in Osnabrück aus?
Die Frauen sprechen über Probleme, über gemeinsame Fragen, sie bekommen inhaltlichen Input und tauschen sich aus. Wir haben dieses Mal das Programm anders gestaltet und Workshops in kleineren Gruppen gemacht. So entstand mehr Nähe zwischen den Teilnehmerinnen.
Wer hat die Tage in Osnabrück vorbereitet?
Rebbetzin Karina Lang hat alles sehr schön vor Ort in der Jüdischen Gemeinde Osnabrück organisiert, ein Dank an sie und die Unterstützung von Tatjana Tschernjawski, der zweiten Vorsitzenden der Gemeinde Osnabrück.
Wo lagen Schwerpunkte im Programm?
Der Schwerpunkt ist Emuna, also Glauben und Gebet, sowie Tefilla, die jüdische Art zu leben, auch Halacha, das waren die Gedanken, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Seminar zogen. Die Referentinnen waren vielfältig: Wir hatten mehrere Rebbetzinnen, die über verschiedene Themenbereiche im Judentum wie Lebensweise, Ehe und Religion sprachen. Es waren aber auch eine Heilpraktikerin und eine Gynäkologin dabei. Die Vielfalt kam bei den Frauen gut an.
Was fand besonders Zuspruch?
Zum einen die gesundheitlichen Themen, die im Workshop der Heilpraktikerin und Gesundheitsberaterin aus Berlin, Julia Tarasova, behandelt wurden. Hier ging es unter anderem um Schlafstörungen, Vitaminversorgung und die Gestaltung von Übergängen im Leben wie Pubertät und Wechseljahre. Zum anderen aber auch die praktischen jüdischen Fragen, die von Rebbetzin Ita Afanasev aus Hannover und Rebbetzin Julia Konnik aus Antwerpen dargelegt wurden. Darüber hinaus haben die Gynäkologin Hannah Arbitmann und Historikerin Elena Solominski wichtige Vorträge gehalten. Das Highlight war der Vortrag zum Thema »Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche« von Esther de Vries.
Haben Sie selbst auch ein Seminar angeboten?
Ja, über Ängste und Unruhe, und ich hatte den Eindruck, es ist ein sehr attraktives Thema derzeit, nochmal verschärft wegen der politischen Situation. Wie komme ich klar mit Belastungen? Wie bringen wir uns zur Ruhe? Hier haben wir Anregungen gegeben und diskutiert.
Zu der Veranstaltung gehört auch ein Gala-Dinner. Welchen Ehrengast konnten Sie begrüßen?
Rabbiner Meir Posen, ein weltweiter Mikwe-Experte. Er sprach nach der Ansprache von Michael Grünberg, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Osnabrück, und hat eine sehr bewegende Rede gehalten über die Wichtigkeit von Mikwe und was sie für Frauen und ihren Glauben bedeutet. Diesen Vortrag habe ich als sehr bewegend und sehr schön empfunden.
Inwiefern gab es ein Rahmenprogramm zu den Workshops?
Wir haben verschiedene Aktivitäten angeboten wie eine Stadtrundfahrt oder den Besuch eines Hochseilgartens. Einige Frauen haben sich aber auch einfach im Garten zusammengesetzt und sich unterhalten. Die Osnabrücker Gemeinde hat einen wunderschönen Garten, den wir nutzen konnten. Auch dieser Austausch am Rande war sehr reich und schön. Und wir waren sportlich: Zum ersten Mal gab es ein entsprechendes Angebot. Ich denke, der Zusammenhalt ist auch durch diese gemeinsamen Aktivitäten weiter gewachsen.
Wollen Sie die Art von Treffen fortsetzen? Und wo sollen sie ansetzen, wo sehen Sie Weiterentwicklungsbedarf?
Wir planen natürlich Fortsetzungen – auf jeden Fall. Das ist so eine tolle Gruppe, es wäre schade, diesen Zusammenhalt zu verlieren. Solange das Interesse da ist und dank der Unterstützung des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen versuchen wir, das weiterhin anzubieten. Ich habe den Eindruck, dass besonders im Themenbereich Gesundheit noch viel Potenzial liegt. Aber es gibt generell viele Ansatzpunkte, die wir gerne weiterverfolgen möchten, um die Frauen auch zukünftig zu stärken, zu unterstützen und in ihrem Alltag zu fördern.
Mit der Kulturreferentin des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen sprach Annette Kanis.