Mit entschlossenem Griff spielt Astrith Baltsan den Akkord: »Eine Dissonanz, und noch eine, und noch eine.« Immer wieder schlägt die Musikwissenschaftlerin genau die Töne an, die eine Stelle in der israelischen Nationalhymne von den anderen unterscheidet. »E-re-tz Z-io-n«, singt sie dazu und schüttelt bei jeder Silbe ihren Kopf, sodass ihre rotbraunen Locken mitwippen. Acht Jahre hat Baltsan damit verbracht, die Geschichte der israelischen Nationalhymne zu erforschen.
An diesem Sonntag stellt sie ihr Projekt »Eine Hymne wird geboren« bei der Keren Hayesod-Magbit-Eröffnungsgala vor. Neben den Gastrednern, der Vorsitzenden des Keren Hayesod World Board of Trustees, Johanna Arbib-Perugia, und dem als Nazijäger bekannt gewordenen Direktor des Simon Wiesenthal Center, Efraim Zuroff, ist es Baltsan mit ihrer einstündigen Show, die das Publikum im Conference Center des Crowne Plaza Hotels zum Nachdenken, auch zum Staunen bringt. Denn mal ganz ehrlich: Wer hätte gedacht, dass die bekannte Melodie von einem rumänischen Volkslied beeinflusst wurde, das man eigentlich sang, um das Vieh anzutreiben? Jakob Snir, Gesandter von Keren Hayesod (KH), freut sich über den Besuch von Baltsan: »Ihre Show ist außergewöhnlich«.
Falaschmura Die Melodie der Hatikwa, die eigentlich erst im Jahre 2004 offiziell zur Hymne erklärt wurde, ist eng mit Keren Hayesod verbunden. So hörten zum Beispiel die Falaschmura, die vor wenigen Wochen mit dem letzten Flug aus Addis Abeba nach Israel kamen, diese Hymne. Johanna Arbib-Perugia bekommt noch heute Gänsehaut, wenn sie an den Moment denkt, als sie zwischen einem kleinen Jungen und dessen Mutter saß, die endlich auswandern durften. Keren Hayesod engagiert sich auch bei vielen anderen Projekten, für die der Präsidiumsvorsitzende Nathan Gelbart auch zu reichlich Spenden aufrief.
Eines davon, das Jugenddorf Hadassah Neurim, hat bereits im Deutschen Fußballbund (DFB) Unterstützer gefunden. Für dieses Engagement erhielt der DFB-Vizepräsident Rolf Hocke den Keren Hayesod Hommage-Preis. Sichtlich gerührt nahm Hocke die gläserne Auszeichnung an. Die Beziehungen zwischen dem israelischen und deutschen Fußballbund werden seit Jahren gut gepflegt, sagte Hocke: »Wir kommen jedes Jahr gern nach Israel, und wir empfangen auch jedes Jahr gern israelische Mannschaften und Besucher bei uns in Deutschland innerhalb des DFB«, versicherte der Vizepräsident. Er erinnerte sich an seinen Besuch im Jugenddorf: »Wir haben unseren Obolus gern dort hinterlegt, um den Jugendlichen, die aus unterschiedlichen Nationen und mit unterschiedlichem familiären Hintergrund, ihr Leben neu zu gestalten.«
Trikot Ganz nebenbei sorgte Hocke noch für eine Überraschung. Er spendete ein Trikot der A-Nationalmannschaft, auf dem alle Spieler unterschrieben hatten. Da schlug nicht nur das Herz der Moderatorin Susan Sideropoulos höher, die selbst Mutter von zwei Söhnen ist und leise hofft, ihre beiden Jungs mögen auch irgendwann einmal als Profis dem runden Leder hinterherrennen. Noch höher pochte das Herz bei Brenda und Frank Zobrys, die das Trikot für 2000 Euro ersteigerten – um es gleich ihrem Sohn zu überreichen. Ein fast hymnischer Moment.
Doch der Glamour-Faktor stand nicht im Mittelpunkt des Abends. Denn es sollte um die Herausforderungen gehen, denen sich Keren Hayesod in den vergangenen Jahren stellen musste. Und diese, das betonte der Gesandte der Botschaft des Staates Israel, Emmanuel Nahshon, hätten sich von Projekten wie Straßenbau eher zu sozialer Unterstützung gewandelt. »Helfen Sie Keren Hayesod, dann helfen Sie Israel«, rief Nahshon das Publikum auf.
Auch Nathan Gelbart bat das Publikum charmant aber eindringlich, Israel solle neben dem Weg ins Herz auch den in die Brieftaschen finden. Immerhin lebe ein Drittel der israelischen Kinder unterhalb der Armutsgrenze. Denn an diesem Abend ging es neben der Show und prominenten Gesichtern doch vorrangig um Unterstützung für Israel. Schließlich bedeutet das hebräische Wort »Magbit« Fundraising. Und mit dessen Ergebnis war man »sehr zufrieden«, sagte der Keren-Hayesod-Repräsentant Sergei Tcherniak der Jüdischen Allgemeinen später.
Melodie Auch Astrith Baltsan weiß um das Engagement der Spendenorganisation. Denn wenn sie mit ihrer Show ein halbes Jahr in Israel unterwegs ist und die andere Hälfte als professionelle Pianistin auftritt, sieht sie viele Menschen, denen die Vereinigte Israel Aktion irgendwann einmal im Leben geholfen hat.
Und sie erzählt die Geschichte des Liedes, dessen Titel sich, wie Baltsan selbst beschreibt, auf »Ahawa«, auf Liebe, reimt, nämlich Hatikwa. Dieses Wort, sagt Baltsan vermittele den Menschen, dass es immer weitergeht im Leben. Es gibt immer Hoffnung.
Eine weitere Aufführung von »Hatikvah« gibt es am 17. Oktober um 19.30 Uhr im Jüdischen Gemeindezentrum am Jakobsplatz 18 in München. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.keren-hayesod.de