Georg Stefan Troller mag keine Fragen. Er war über ein halbes Jahrhundert lang selbst einer der erfolgreichsten »Menschenfischer« und kennt alle Tricks beziehungsweise hat sie selbst erfunden, um andere zum Sprechen zu bringen. Kurz vor seinem 98. Geburtstag ist ihm jede denkbare Frage bereits gestellt worden.
Und doch ist der Filmemacher, Drehbuchautor und Publizist noch immer reisefreudig, neugierig auf die Welt und produktiv. Bei Troller sind heutzutage viel bemühte Begriffe wie Nachhaltigkeit und Recycling auf besonders originelle Weise verwirklicht. 2004 drehte er seinen letzten Film – Tage und Nächte in Paris. Doch so gut wie jedes Jahr veröffentlicht er ein Buch, basierend auf Material aus seinem unerschöpflichen Fundus. 2017 erschien Ein Traum von Paris, eine Sammlung früher Texte und Fotos, die er in den 50er-Jahren gemacht und nach der Scheidung von seiner ersten Frau für verloren hielt.
begegnungen Sie waren es aber nicht. Zuletzt, 2019, veröffentlichte er Liebe, Lust & Abenteuer, 97 Begegnungen mit »VIPs« und unbekannten Originalen von A bis Z. Troller wählte aus, was ihm zum Thema Eros von Liebe bis Sexualität anvertraut wurde.
Wenn es sich nur irgendwie einrichten lässt, führen seine Lesereisen immer auch nach München.
Wenn es sich nur irgendwie einrichten lässt, führen seine Lesereisen immer auch nach München, eine Stadt, zu der er – wie zu seiner Geburtsstadt Wien seit 1921 und seinem Lebensmittelpunkt Paris seit 1949 – eine besondere Beziehung hat.
Der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Langenbucher entlockte dem Autor, den er für die Israelitische Kultusgemeinde schon 2005 befragt hatte, beim jüngsten Besuch im Jüdischen Gemeindezentrum aktuelle Bonmots. Er begann gleich selbst mit einem, denn Troller sei für ihn ein »Pionier der Herrenmode«. Noch nie habe er ihn mit Krawatte gesehen, stets aber mit einem Schal. Darauf erwiderte Troller, die Farbe des Schals hänge von der Stimmung ab. Für das Münchner Publikum habe er dieses Mal silbrig gewählt, denn er erwarte nur das Beste. Sein Onkel habe ihm zwar regelmäßig Krawatten geschenkt, getragen habe er sie aber nie.
erfahrungen Angesprochen auf seine frühen München-Erfahrungen – immerhin hatte er als amerikanischer Soldat am 1. Mai 1945 an der Befreiung der Stadt teilgenommen –, erzählte Troller anschaulich, als wäre es erst am Vortag gewesen, von seinen journalistischen Anfängen bei der »Neuen Zeitung« von Hans Habe und im Bayerischen Rundfunk. Am Schwarzen Brett habe ein Zettel mit der Aufschrift »Ihr Juden seid schuld am Krieg« gehangen. »1945 war das ganz allgemein die Meinung«, resümierte Troller seine bedrückende Erinnerung und fügte hinzu: »Die Umerziehung zog sich über Jahre hin.«
Ein Aufruf von ihm im Rundfunk habe der Frauenkirche das Leben gerettet. Der eine Turm sei undicht gewesen, Troller rief zu Spenden auf. Sprach’s und griff nach seinem Buch Unterwegs auf vielen Straßen, um über die Ankunft in München Ende April 1945 und seine Eindrücke in Dachau vorzulesen. Er sah dort »halb nackte Skelette« und dachte: »Es sind meine Leut’.«