Herr Meyer, vom 13. bis 16. Mai finden die nationalen Makkabi-Spiele statt. Es ist lange her, dass es in Deutschland ein solches Event gab, wie kam es dazu?
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie Ignatz Bubis sel. A. vor 20 Jahren die Spiele eröffnet hat. Der Grundgedanke ist bei den nationalen Spielen jedoch ein anderer als bei den internationalen. Während dort nur jüdische Sportler teilnehmen dürfen, laden wir jetzt auch Sportler ein, die nichtjüdisch sind, aber jahrelang ihren Sport bei den Ortsvereinen ausgeübt haben. Die erste Makkabiade 1929 in der damaligen Tschechoslowakei fand ja statt, weil jüdische Sportler aus Sportverbänden ausgegrenzt worden waren und eigene Sportverbände gründeten, um Sport zu treiben. Heute sind nichtjüdische Sportler aber in den Makkabivereinen fester Bestandteil. Wir haben daher schon länger das Gefühl gehabt, unseren nichtjüdischen Makkabäern etwas anbieten zu wollen. Für jeden einzelnen Sportler, der Woche für Woche, Jahr für Jahr seine Knochen für den Verein hingehalten hat, wollten wir etwas organisieren.
Sie haben mehr Anmeldungen, als Sie Sportler unterbringen können.
Wir platzen wirklich aus allen Nähten. Wir haben das ein Stück weit erhofft, aber nicht erwartet. Sicher spielt auch die Euphorie, die durch die European Maccabi Games (EMG) entstanden ist, eine Rolle. Wir hätten gerne zwölf Sportarten angeboten, mussten uns aber auf acht beschränken. Diese nationale Meisterschaft geht ja nur über vier Tage, alles andere wäre zu groß, dann wären wir nicht mehr Herr der Lage. Wir haben ohnehin schon die komplette Sportschule Wedau angemietet und werden wohl noch bei nahe gelegenen Hotels anfragen müssen.
Werden eher Mannschafts- oder mehr Individualsportarten angeboten?
Wir haben eine Mixtur aus vier und vier hergestellt. Wir haben Fußball und Basketball dabei, ebenso wie Schach und Tischtennis. Wir haben Fechten und bieten Behindertensport an. Auch diese Spiele sind inklusiv.
Werden wir Sportler wiedersehen, die wir bei den EMG gesehen haben?
Ja, und sie freuen sich riesig. Sie werden mit ihren Medaillen kommen und noch einmal feiern und anfeuern. Jetzt spielen sie ja sozusagen in ihrer Heimmannschaft gegen einen anderen Ortsverein. So treten die besten jüdischen Spieler aus Köln, Frankfurt und München, die vorher in einer Mannschaft gespielt haben, als Spieler ihrer Ortsvereine gegeneinander an. Das ist das Schöne daran. Es ist ein Machane-Revival für Ältere.
Wie kommt es, dass die Spiele in Duisburg stattfinden werden?
Wir haben schon sehr lange Kontakte nach Duisburg-Wedau. Auch Vorbereitungsturniere zur EMG fanden hier statt. Außerdem hat Makkabi Deutschland seinen Sitz in Köln, also in Nordrhein-Westfalen, so war NRW auch unser erster Ansprechpartner, als wir die Idee entwickelten. Außerdem ist die Wedau die größte Sportschule, die an Ort und Stelle auch die meisten Sportarten anbieten kann. Sie vermittelt auch dieses »Olympisches-Dorf-Feeling«.
Wird es auch ein Begleitprogramm wie bei den EMG – kleiner natürlich – geben?
Ich finde, das gehört zu solchen Spielen dazu. Wir sprechen hier ja auch nicht von einem Profisport-Event, bei dem sich die Leute vor allem auf ihren Wettkampf fokussieren. Es ist auch ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem sich Menschen kennenlernen, sich untereinander austauschen sollen, wo die jüdische Kultur mitgelebt werden soll. Wir wollen unseren nichtjüdischen Makkabäern einfach ein wenig jüdische Tradition näherbringen. Entsprechend bieten wir einen Kabbalat Schabbat und Schiurim an. Wir werden ein bisschen über die aktuelle Situation der Juden in Deutschland diskutieren. Wir denken auch über eine Podiumsdiskussion für Mannschaften nach, die gerade spielfrei haben. Es wird einen Spieleabend und eine Art Player-Party geben.
Wann haben Sie mit der Organisation und Planung begonnen?
Wir haben bereits weit vor den EMG begonnen und schon am Abschlussabend in Berlin 500 T-Shirts mit unserem Logo der deutschen Makkabi-Meisterschaften verteilt. Den Platz in Wedau haben wir bereits vor zwei Jahren reserviert und natürlich auch die großen Institutionen informiert, wie auch das Land Nordrhein-Westfalen. Jetzt wird es sogar einen Organisationsdirektor für die Spiele geben: Alexander Bondarenko. Er kennt sich voll und ganz in unseren Strukturen aus. Mit ihm haben wir einen jungen, dynamischen, aktiven und engagierten Mann gefunden. Er wird ab 1. Februar definitiv und vielleicht auch schon früher als Vollzeitkraft für die Spiele arbeiten.
Wie finanzieren Sie die Spiele?
Wir haben ein sehr solides Gerüst. Wie notwendig das ist, haben wir auch durch die European Maccabi Games gelernt. Man muss eine gesunde Finanzstruktur aufbauen. Das haben wir mit den großen Institutionen besprochen, die bereits ihre Bereitschaft signalisiert haben, uns zu helfen. Wir haben die volle Unterstützung des Zentralrats der Juden. Präsident Josef Schuster hat zugesagt, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Die Anfrage an die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft, läuft. Ich bin sicher, dass sie sich auf diesen Event freuen, und es ist in ihren Kalendern rot markiert. Die kleinen Löcher, die es noch gibt, werden wir mit gemeinsamer Kraft stopfen können.
Die Sicherheitsvorkehrungen bei den ersten EMG in Deutschland im Sommer waren sehr hoch. Müssten sie jetzt vielleicht noch höher werden?
Wir haben diese Frage bei den EMG sehr ernst genommen, und ich glaube, dass unsere sicherheitsrelevanten Aktivitäten sehr gut funktioniert haben. Man weiß natürlich immer erst im Nachgang, dass gut gearbeitet wurde. Wir werden auch in Duisburg gut arbeiten. Ich freue mich viel mehr darüber, dass die Spiele von Berlin, aber auch die kommenden, alle begeistern. Wir wollen zeigen, dass sich in Deutschland eine ganz natürliche Sache vollzieht. Es werden im Mai Christen, Juden, Muslime, Buddhisten, Menschen vieler Religionen und Hautfarben zusammen spielen, Spaß haben und an Wettkämpfen teilnehmen. Warum sollte es dort einen Gewaltakt geben? Ich denke einfach, es wird keinen geben. Natürlich wiegen wir uns nicht in Sicherheit.
Im internationalen Vergleich finden Makkabi-Spiele in einem festen Rhythmus statt. Wie wird es mit den deutschen Meisterschaften aussehen?
Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir auch in Deutschland einen festen Rhythmus einführen. Das hat mir als Sportler und als Makkabi-Funktionär gefehlt, und das will ich ändern. Unser junges neues Präsidium bei Makkabi Deutschland hat bereits bei den EMG in Berlin gezeigt, dass wir in eine neue Richtung gehen: Wir suchen das breite öffentliche Interesse. Wir möchten wahrgenommen werden, ein Teil der Gesellschaft auch im sportlichen Bereich sein, nicht nur im sozialen, wo wir es definitiv schon sind. Und das leben wir vor.
Was planen Sie noch so für die Zukunft?
Wir wollen gern jüdische Sportreisen anbieten, die von uns organisiert werden, aber nicht nur für uns sind. Und das alles in Zusammenarbeit mit anderen jüdischen Organisationen. Das ist mir ganz wichtig, dass wir zusammenarbeiten, allen voran mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Wir sehen uns als eine Ergänzung des Angebots, und wir werden nie in Konkurrenz zu einem Angebot einer anderen jüdischen Organisation antreten. Das ist nicht unsere Intention.
Mit dem Präsidenten von Makkabi Deutschland sprach Heide Sobotka.