Wissenschaft

»Ein Jude spricht Jiddisch«

Dozentin und Jiddisch-Lektorin Evita Wiecki Foto: Marina Maisel

Ein Engländer spricht Englisch, ein Franzose Französisch – »un a yid red yidish«. Dieses selbsterklärende Resümee stammt aus einer Sprachübung der Jiddisch-Lektorin Evita Wiecki. Es wurde zum Titel ihrer Dissertation »Ein Jude spricht Jiddisch«. Jiddisch-Lehrbücher in Polen – ein Beitrag zur jüdischen Bildungs- und Kulturgeschichte im 20. Jahrhundert.

Mit dieser Arbeit promovierte sie 2017 bei der Jiddistin Marion Aptroot an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Zweiter Betreuer ihrer Arbeit war der Historiker Michael Brenner. In dessen Abteilung für Jüdische Geschichte und Kultur an der LMU München ist Wiecki seit 2010 Lektorin für Jiddisch.

Dank Zum Erscheinen des Buches in der Reihe »Jüdische Religion, Geschichte und Kultur« im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht gab es im Historischen Seminar der LMU nun eine besondere Veranstaltung. Brenner eröffnete diese mit einem Dank an seine Mitarbeiterin, die neben ihrer Tätigkeit als Jiddisch-Dozentin mit intensivem Sprachunterricht seit zehn Jahren organisatorisch auch die Sommer-Universität und den alljährlichen Scholem-Alejchem-Vortrag betreut.

Ihre Arbeit eröffne, führte Brenner aus, einen aufregenden Blick darauf, wie jiddische Sprache und Kultur vor und nach dem Ersten Weltkrieg und sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg vermittelt wurde.

Für Wiecki begann eine jahrelange Spurensuche mit einem Zufa in der Pariser Bibliothèque Medem, einem der wichtigsten Jiddisch-Zentren in Europa. Es war das mit einem Kinderbild aufgemachte Buch Ikh lern yidish. A lernbukh (1947) von Leon Vaynapel und Lyuba Pludermakher aus dem Jahr 1947. Schließlich hatte sie eine Titelsammlung von 350 Büchern beisammen: Sie stammten aus Warschau, Wilna, Kiew, Birobidschan, Odessa und Riga, aber auch aus Johannesburg, Buenos Aires, Mexiko und New York. Alles war für Jiddisch-Muttersprachler gedacht, vor allem für Kinder.

Wenn man bedenkt, dass durch die Vernichtung des osteuropäischen Judentums auch weitgehend ihr Schrifttum und ihre Sprachkultur verschwanden, dann war schon das Zusammentragen einer Bibliografie dank Recherchen in aller Welt ein unschätzbares Verdienst. Sie soll in absehbarer Zeit publiziert werden.

willen Doch zunächst konzentrierte sich Evita Wiecki auf die Auswertung von rund 90 Lehrbüchern, die zwischen 1886 und 1964 in Polen oder zeitweiliger polnischer Verwaltung – mal erlaubt, mal geduldet, auf schlechtem Papier gedruckt – erschienen. Sie waren Ausdruck eines ungeheuren Bildungswillens, waren identitätsstiftend und spiegelten zudem die gesellschaftlichen Veränderungen wider. Wiecki betonte, dass beim Abwandern aus dem Schtetl »Jiddisch lesen zu können das Zurechtkommen in der Stadt beförderte«.

Der Titel des ältesten erhaltenen Buches von Yoyne Trubnik klingt wie ein Versprechen gegen das Analphabetentum: Zhargon-lehrer. Praktisches lehrbukh tsu laykht erlernen fermittelst eynem lehrer di zhargonishe Shprakhe in eyn kurtse tsayt. Jargon, damit war Jiddisch gemeint.

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025

Feiertage

Hymne auf die Freiheit

Der Alexander-Moksel-Kindergarten führte im Gemeindezentrum ein Pessach-Musical auf

von Vivian Rosen  17.04.2025

Berlin

Mazze als Mizwa

Das Projekt »Mitzvah Day« unterstützt die Berliner Tafel mit einer Lebensmittel-Spende

von Katrin Richter  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025

Porträt der Woche

Eigene Choreografie

Galyna Kapitanova ist IT-Expertin, Madricha und leitet eine Tanzgruppe

von Alicia Rust  14.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025