Ausstellung

Ein Haus im Warschauer Ghetto

Polen als Ort der Schoa und als Quelle für eine jüdische Zukunft – diese Spannbreite bündeln eindrucksvoll die Bilder des Fotografen Rafael Herlich. Seine Ausstellung »Sehnsucht« ist seit dem 20. Januar in der Galerie Heussenstamm in Frankfurt zu sehen. Die Bilderschau ist das Ergebnis einer Spurensuche, die den in Tel Aviv geborenen und aufgewachsenen Fotografen dreimal nach Polen führte.

Begonnen hatte Herlich die Recherche seiner Familiengeschichte im Jahr 1975, als er von Israel nach Deutschland zog, um seinem Vater nahe zu sein. Emanuel Herlich hatte seine Familie verlassen, als sein Sohn Rafael noch klein war.

halbbruder Erst Jahrzehnte später suchte der Vater wieder Kontakt. So erfuhr der Fotograf erst als Erwachsener, dass er einen Halbbruder hat und wie viele seiner Familienangehörigen in Vernichtungslagern umgekommen waren – unter anderem auch die erste Frau und das Kind seines Vaters.

Die Ausstellung empfängt den Besucher mit einem Original-Schwarz-Weiß-Foto, das die Familie Rafael Herlichs zeigt: Tanten und Onkel – allesamt wurden sie Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Deshalb hängt neben dem Familienfoto das Bild einer Gedenkkerze: »Sie haben kein Grab, ich fühle mich verpflichtet, ihr Andenken zu wahren«, erklärte Herlich diese fotografische Zusammenstellung bei der Vorbesichtigung.

fassade Zu den beeindruckendsten Fotos der Ausstellung gehört das eines Wohnhauses im Warschauer Ghetto. An der Fassade hängen riesige Porträts ehemaliger jüdischer Bürger – man fühlt sich augenblicklich inmitten der Mila 18 von Leon Uris oder in David Safiers 28 Tage lang.

Allerdings will die Ausstellung – so ist man es von Herlich, der auch häufig als Fotograf für diese Zeitung arbeitet, gewohnt – nicht nur erinnern und mahnen. Vielmehr ist ihm besonders daran gelegen, auch das zeitgenössische jüdische Leben in seiner ganzen, pulsierenden Aktivität zu dokumentieren.

So zeigt die Galerie unter anderem Bilder aus der jüdischen Schule Lauder-Morasha in Warschau, Szenen des Gebets in der liberalen Gemeinde im Beit Warzawa und in der Nozyk-Synagoge sowie Bilder aus Krakau. Nach Kalisch, woher seine Familie ursprünglich stammte, ist Herlich nicht gereist: »Ich weiß nicht, wo da was war. Das wäre alles nur Fantasie.«

Die Ausstellung ist bis zum 27. Februar in der Galerie Heussenstamm, Braubachstraße 34, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Öffnungszeiten: dienstags bis samstags, jeweils 10 bis 18 Uhr

www.heussenstamm-stiftung.de

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

»Hans Rosenthal erinnert uns daran, dass jüdisches Leben zu Berlin gehört«

Der Regierende Bürgermeister: »Er überlebte die Schoa nur, weil ihn einige mutige Frauen aus Lichtenberg in einer Schrebergarten-Kolonie versteckten«

 01.04.2025

Magdeburg

Magdeburg erhält 800. Stolperstein

2007 wurde der erste Gedenkstein für den früheren Magdeburger Bürgermeister Herbert Goldschmidt verlegt

 31.03.2025

Berlin

Initiatoren halten an »Drei-Religionen-Kita« fest

Aufgrund von Sparmaßnahmen strich der Senat im vergangenen Dezember die Fördergelder

 31.03.2025

Todestag

Wenn Worte überleben - Vor 80 Jahren starb Anne Frank

Gesicht der Schoa, berühmteste Tagebuch-Schreiberin der Welt und zugleich eine Teenagerin mit alterstypischen Sorgen: Die Geschichte der Anne Frank geht noch heute Menschen weltweit unter die Haut

von Michael Grau, Michaela Hütig  31.03.2025

Berlin

Freundeskreis Yad Vashem: Michalski wird Geschäftsführer

In der neuen Position wolle er dazu beitragen, die herausragende Arbeit von Yad Vashem weithin sichtbar zu machen, sagt der bisherige Direktor von HRW Deutschland

 31.03.2025

Porträt der Woche

In der Rolle aufgehen

Nelly Pushkin hat Mathematik studiert – und ist Rebbetzin aus Leidenschaft

von Brigitte Jähnigen  30.03.2025

Buch

Die Zeit festhalten

Der Fotograf Stephan Pramme hat für die »Objekttage« des Jüdischen Museums Berlin Jüdinnen und Juden in Deutschland porträtiert. Sie zeigten ihm Erinnerungsstücke, die für ihre Familien- und Migrationsgeschichte stehen

von Katrin Richter  30.03.2025

Reportage

Rinderschulter und Pastrami

Im Berliner Westend eröffnen ungleiche Freunde die einzige koschere Fleischerei Deutschlands. Ein Besuch im Kälteschrank

von Mascha Malburg  30.03.2025