Berlin

»Ein Gefühl von Zuhause«

Shelly Schlafstein über das Jugendzentrum, Freundschaften und Museumsbesuche

von Christine Schmitt  16.08.2022 10:32 Uhr

Shelly Schlafstein Foto: pr

Shelly Schlafstein über das Jugendzentrum, Freundschaften und Museumsbesuche

von Christine Schmitt  16.08.2022 10:32 Uhr

Frau Schlafstein, das Jugendzentrum Olam der Jüdischen Gemeinde lädt Kinder und Jugendliche zu einem Daycamp ein. Was sollen sie am Ende aus dieser Zeit mitnehmen?
Auf jeden Fall, dass das Jugendzentrum ein Ort ist, an dem sie sich frei entfalten können, wo sie alte Freunde treffen und neue finden. Und es soll ihnen auch ein Gefühl von Zuhause vermitteln.

Weshalb braucht es die Ferienbetreuung?
Gerade in den Sommerferien ist es wichtig, ein Daycamp anzubieten. Sechs Wochen Ferien zu überbrücken, ist eine Herausforderung – das weiß ich als dreifache Mutter nur zu gut. Zwei Wochen fahren die Kinder vielleicht auf die Machanot der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) oder gehen in die Ferienbetreuung der Schule, dann verreisen viele Familien in den Urlaub für zwei Wochen, und dann ist es so, dass in den letzten zwei Wochen die Puste fehlt. Die Eltern müssen arbeiten, bei manchen Kindern sind die Kita-Gutscheine abgelaufen, weil sie eingeschult werden. Eltern haben dann keine Möglichkeit mehr, ihre Kleinen betreuen zu lassen. Manche Eltern nehmen sie sogar in ihr Büro mit, weil sie keine Alternative haben. Es ist schön für die Kinder, in den Ferien mal aus dem Schulalltag herauszukommen und trotzdem mit seinen Freunden zusammen sein zu können.

Wer ist ins Daycamp gekommen?
Hauptsächlich Kinder der Gemeinde, von denen einige regelmäßig das Jugendzentrum besuchen. Es gibt auch Eltern, die ihre Kinder nur für die Ferienbetreuung anmelden. Etwa 45 Kinder kommen durchschnittlich.

Wie muss man sich den Tagesablauf vorstellen?
Morgens ab 8.30 Uhr treffen wir uns im JuZe in der Joachimsthaler Straße. Ab diesem Zeitpunkt kommen die ersten Kids. Wir bieten immer ein kleines Frühstück an, und meistens läuft hier Musik, überwiegend israelische. Das hebt die Laune. Die Madrichim tanzen fröhlich herum und begrüßen jeden Einzelnen. Gegen 9.30 Uhr beginnen wir. Die Tage sind unterschiedlich. Manchmal bleiben wir hier, manchmal unternehmen wir Ausflüge. Wenn wir hierbleiben, machen wir beispielsweise eine Schnitzeljagd oder basteln die neuesten Do-It-Yourself-Trends aus den sozialen Medien nach. Wir gehen in Museen, auf Spielplätze, ins Kino oder auf Sportplätze – dort toben wir uns aus. Wegen der hohen Temperaturen planen wir dieses Mal auch Wasserschlachten.

Ist auch ein Mittagessen dabei?
Ja, das wird frisch in unserer milchigen Küche vorbereitet. Zum Abschluss gibt es freies Spiel. Die Mädchen basteln dann gerne, während die Jungs Fußball spielen. Viele singen auch gerne Karaoke. Bis 15.30 Uhr werden alle abgeholt.

Gibt es auch jüdische Themen?
Wir haben als Themen natürlich Israel, die Feiertage, und an Schabbat backen wir gemeinsam Challot. Wir bringen den Kindern Gebete und Lieder bei und waren in der ANOHA-Kinderwelt des Jüdischen Museums.

Woher kommen die Madrichim?
Der größte Teil stammt aus dem Jugendzentrum Olam. Einige möchten sich demnächst als Madrichim engagieren und können jetzt schon einen ersten Einblick bekommen, wie das ist. Wir haben aber auch einige von außerhalb, die ihre Ferien in Berlin verbringen wollen und für die es toll ist, die Zeit hier mit ihren Freunden zu sein, gleichzeitig etwas Gutes zu tun und als Madrich im Einsatz zu sein.

Was gefiel Ihnen immer an Daycamps?
Was mir die meiste Freude bereitet hat, war, neue Leute kennenzulernen. Für mich war das eine Zeit, in der ich mein Ich ausleben konnte und in der ich Leute traf, die mich so mochten, wie ich bin. Mit den meisten bin ich heute noch befreundet.

Mit der Leiterin des Jugendzentrum Olam der Jüdischen Gemeinde zu Berlin sprach Christine Schmitt.

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025

München

»Das ganz Andere fremder Welten«

Die Volkshochschule und das IKG-Kulturzentrum gedachten des 130. Geburtstags der Dichterin Gertrud Kolmar

von Helen Richter  05.01.2025

Feier

Dem Herzen folgen

Die IKG München und Oberbayern bedankt sich bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement

von Luis Gruhler  05.01.2025