Zum Handlanger eines mehr als fragwürdigen Geschäftes wollte sich das Münchner Auktionshaus Zisska & Lacher dann doch nicht machen. Die am vergangenen Donnerstag angesetzte Versteigerung einer wertvollen Rabbinerbibel aus dem 16. Jahrhundert wurde nach heftigen Protesten der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) in letzter Minute abgesagt.
Den Zeitpunkt der geplanten Versteigerung, die zwei Tage vor dem 81. Jahrestag der Pogromnacht stattfinden sollte, könnte man schon für sich genommen als Geschmacklosigkeit bezeichnen. Doch in diesem Fall ging es noch weiter. Denn der Weg der 500 Jahre alten Bibel führt direkt zu jenem Tag zurück, der den Beginn des Holocaust markierte.
stadtbibliothek Damals befand sich die Bibel im Besitz der IKG. Der frühere Münchner Gemeinderabbiner Cossmann Werner hatte sie zusammen mit Tausenden anderen Büchern schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Gemeinde geschenkt. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie dann zum Raubgut der Nazis. Ein Teil der Bücher, die in der Münchner Stadtbibliothek gelandet waren, wurde in den 50er-Jahren an die IKG zurückgegeben.
Die von den Nationalsozialisten geraubten Bücher der Gemeinde sind in alle Winde zerstreut.
Heute existieren diese Bände jedoch nicht mehr. Die wertvollen Druckwerke verbrannten bei einem bis heute ungeklärten Anschlag auf das jüdische Altenheim in der Reichenbachstraße im Jahr 1970. Damals kamen sieben Menschen ums Leben.
Die von den Nationalsozialisten geraubten Bücher der Gemeinde sind in alle Winde zerstreut. Die Historikerin Sibylle von Tiedemann ist im Auftrag der IKG seit einem Jahr auf der Suche nach ihnen. Immerhin wurden bisher bereits 19 Bücher restituiert, in anderen Fällen laufen Verhandlungen.
Mit dem Eigentümer der Rabbinerbibel, die versteigert werden sollte, kam bisher noch kein Kontakt zustande. IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch zeigte sich aber insofern zufrieden, dass die wertvolle Rabbinerbibel aus der Auktion genommen wurde.