Die Anspannung, ob am Ende auch wirklich alles klappt, fällt gerade offensichtlich von ihm ab. »Es ist so schön für mich, euch alle hier in diesen schweren Zeiten zu sehen«, freut sich Dima Bilyarchyk, während er vor der neonfarbenen Chanukkia, die von Mitgliedern des jüdisch-queeren Vereins »Keshet Deutschland e.V.« errichtet wurde, die vielen Gäste begrüßt.
»Vor über sechs Monaten hatten wir die Idee zu ›Gimme Latkes‹, einer queeren Chanukka Party«, erzählt Dima Bilyarchyk. Dann aber geschah der 7. Oktober, weshalb man sich fragte, ob es überhaupt der richtige Zeitpunkt sei, zu feiern. Keshet entschied sich letztendlich dafür. »Denn gerade jetzt war uns jüdische Sichtbarkeit so wahnsinnig wichtig«, betont Bilyarchyk. »Und es sollte ein Fest der Resilienz werden.«
Doch einfacher gesagt als getan. Weil der Südblock, eine nahe am Kottbusser Tor gelegene Café-Bar, wo der Event hätte stattfinden sollen, Ende November unter fadenscheinigen Gründen plötzlich absagte, musste auf die Schnelle eine neue Location gefunden werden. Der Sage Club Berlin in Kreuzberg sagte spontan zu, und die Party konnte trotzdem stattfinden
Ein logistischer Kraftakt, der sich aber auf jeden Fall gelohnt hat. Denn knapp 500 Gäste sollten am Samstagabend erscheinen und »Gimme Latkes« zu einem Riesenerfolg machen. »Damit dürfte das wohl die größte Chanukka-Party seit vielen Jahren in Berlin sein«, so Leo Schapiro, Vizevorsitzender von Keshet, nicht ohne Stolz.
Feierlich wurde zu Beginn des Events auch die dritte Chanukka-Kerze entzündet, und zwar in strömendem Regen und unter großem Beifall der zahlreichen Besucher. »Wir brauchen in diesen Tagen sehr viel Licht«, sagte denn auch Joe Chialo (CDU), Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. in seinem Grußwort. »Auf so einer krassen Feier muss der Funke einfach überspringen.« Ferner sprach er davon, dass die Politik nun ebenfalls gefordert sei, mehr als »nur ein paar warme Worte« zu sagen. Es gelte, dafür Sorge zu tragen, dass Berlin für Jüdinnen und Juden auch weiterhin ein angstfreier Raum bleibe.
Danach aber stand eindeutig der Spaß im Mittelpunkt. Dafür sorgten Judy LaDivina und Anali Goldberg mit ihrer Dragqueen-Show, wobei Klassiker der israelischer Popmusik auf überraschend neue Weise präsentiert wurden. Und mit Faye Fatale hatte man eine über zwei Meter große »Sufgania-Lady« am Start, die in dem Gewühl voller Grazie große Kartons balancierte und die Gäste mit den kleinen Kalorienbomben versorgte.
Nina Peretz von der Synagoge Fraenkelufer, die neben der Jüdischen Studierendenunion (JSUD), Hillel sowie dem Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES) und dem Zentralrat der Juden in Deutschland zu den Kooperationspartnern von »Gimme Latkes« gehört, ist begeistert. »Die Mischung von jüdischer Tradition mit einer Party in einem tollen Club ist einfach großartig.« Und viele Gäste hoffen, dass dies kein einmaliger Event bleibt – so wie auch Michael Lehrman. »Die Nacht wird auf jeden Fall lang.«