Vielfalt ist eines der Markenzeichen, das die jüdische Gemeinschaft auszeichnet. Im kulturellen und gesellschaftlichen Leben Münchens hinterlässt gerade diese besondere Eigenschaft unverkennbare Spuren. Die neueste, seit noch nicht einmal einem Jahr bestehende Kreation ist ein Verein. Die fünf Großbuchstaben JCCCM stehen für den Jewish Classic Car Club Munich.
Dem bisherigen Vereinsleben hat die Corona-Pandemie einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Umso erfreulicher gestaltete sich für den JCCCM der Saisonstart in diesem Jahr. Das Sommerwetter mit strahlendem Sonnenschein am Sonntag der vorvergangenen Woche setzte jedenfalls genau im richtigen Augenblick ein, zeitgleich mit der angekündigten Lockerung der pandemiebedingten Einschränkungen. Der gemeinsamen Ausflugsfahrt der JCCCM-Mitglieder durchs Voralpenland stand also nichts mehr im Wege.
vielfalt Einer, der bei der Ausflugsfahrt hinter dem Steuer eines Oldtimers mit der Sonne um die Wette strahlte, war Robby Rajber. Der in München geborene Sohn polnischer Holocaust-Überlebender ist ein lebendes Beispiel für jüdische Vielfalt. Innerhalb der jüdischen Gemeinschaft war Robby Rajber, der beruflich mit Filmrechten handelt, schon mit den unterschiedlichsten Aufgaben betraut. Seit 15 Jahren ist er Präsident des TSV Maccabi München.
Gegen Robby Rajbers Power hatte das Coronavirus, das ihn zu Beginn des Ausbruchs der Pandemie für einige Tage lahmlegte, keine echte Chance. Rajber verwirklichte nicht nur das »JCCCM-Projekt«, sondern schrieb nebenbei auch noch ein Buch, das Ende vergangenen Jahres erschienen ist. Dass beide Aktivitäten eng miteinander verknüpft sind, verrät bereits der Titel des Bandes: Meine Autos und ich.
Knapp drei Dutzend Mitglieder zählt der noch junge Verein bereits.
Mit seinem Interesse an historischen Autos und dem motorisierten Charme vergangener Epochen steht Robby Rajber indes nicht allein da. Knapp drei Dutzend Mitglieder zählt der noch junge Verein bereits. An der Seite Rajbers als Präsident engagieren sich im Vorstand Roman Habermann, der für die Finanzen zuständig ist, sowie Peter Kubermann, der alle organisatorischen Fragen im Blick hat.
mitgliedschaft Anders als der Name es nahelegen würde, kann beim Jewish Classic Car Club Munich jeder und jede Mitglied werden. »Wir haben eine ganze Reihe von Mitgliedern, die keinen jüdischen Hintergrund haben«, stellt der Vereinschef fest. Freuen würden sich er und der ganze Klub über noch mehr weibliche Mitglieder.
Und auch technische Kenntnisse spielen keine Rolle bei der Frage der Mitgliedschaft. Dafür ist Robby Rajber selbst das beste Beispiel. »Von Technik«, räumt er ein, »habe ich wenig Ahnung, und sie interessiert mich auch nicht. Wenn ich weiß, wo der Tank ist und welches Benzin man einfüllen muss, sind meine technischen Bedürfnisse befriedigt.«
Ein historischer Ferrari oder das »Columbo-Cabrio« waren die besonderen Hingucker.
Stattdessen gehören beispielsweise der Besuch von Oldtimer-Messen, gemeinsame Tagesausflüge oder auch ein Wochenende mit einem Unterhaltungsangebot für Familien und Kinder zum JCCCM-Programm, das sich aber nach dem Ende der Corona-Beschränkungen noch sehr viel weiter entwickeln soll. »Wir stehen ja erst am Anfang«, berichtet Rajber.
ausflugsfahrt Die Begeisterung für alte Automobile konnte die Corona-Zwangspause jedenfalls nicht stoppen. An der ersten Ausflugsfahrt des Jahres mit dem Alpenpanorama im Blick nahmen nahezu alle Mitglieder teil. Einige von ihnen saßen am Steuer eines Autos, das ihrem Vater gehörte und in dem sie selbst als Kind mitfahren durften. Ein anderer Teilnehmer der Tour hatte einen handgeschriebenen Zettel seines Vaters in jiddischer Sprache dabei, eine detaillierte Anweisung, wann es an der Zeit ist, die »Zyndkirzen« zu wechseln.
Jedenfalls zogen die bei der Tour des JCCCM genutzten Autos mit dem »H« auf dem Nummernschild die Blicke der anderen Verkehrsteilnehmer und Passanten auf sich. Ein historischer Ferrari, das Peugeot-Cabrio, das Detektiv Columbo in der gleichnamigen TV-Serie nutzte, und viele andere Modelle waren beim Saisonstart die besonderen Hingucker.
Eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft im jüdischen Oldtimer-Klub sind solche Luxusautos indes nicht. »Das H auf dem Nummernschild ist entscheidend, nicht der Zustand des Wagens. Es kann auch eine Rostlaube sein«, stellt Robby Rajber ganz entspannt fest.