Der jüdische Holocaust-Überlebende und Zeitzeuge Leon Schwarzbaum hat am Dienstag in Berlin ein neu ausgestelltes Abiturzeugnis erhalten. Der 98-Jährige habe seine Reifeprüfung vor 80 Jahren am jüdischen »Fürstenbergus Lyzeum« in Bendzin im heutigen Polen abgelegt, teilte die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers am Dienstag mit. Sein Zeugnis habe er aber im Konzentrationslager Auschwitz abgeben müssen.
Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD), Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track und die Leiterin der Evangelischen IGS Wunstorf, Elke Helma Rothämel, überreichten Leon Schwarzbaum das Dokument in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. Erst am Freitag war Schwarzbaum von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden.
Auslöser für die Initiative war der Film »Der letzte Jolly Boy«, der Schwarzbaums vergebliches Bemühen zeigt, sein Zeugnis wiederzubekommen.
initiative Auslöser für die Initiative war der Film Der letzte Jolly Boy, der Schwarzbaums vergebliches Bemühen zeigt, sein Zeugnis wiederzubekommen. Nachdem die Wunstorfer Schule den Film vorgeführt hatte, initiierte Rothämel die Neuausstellung des Abi-Zeugnisses. In Gesprächen mit Schwarzbaum sei sein Zeugnis rekonstruiert worden, sagte die Schulleiterin dem Evangelischen Pressedienst (epd): »Er wusste bis auf eine noch alle Zensuren.« Es handele sich nicht um ein Zeugnis ehrenhalber, sondern um eine »Hochschulzulassung mit Gültigkeit«.
Schwarzbaum wurde 1921 in Hamburg geboren und lebt in der Bundeshauptstadt. 1943 wurde seine gesamte Familie im KZ Auschwitz umgebracht. Weitere Stationen seines Leidensweges in der Zeit des Nationalsozialismus waren unter anderem das KZ Buchenwald und ein Todesmarsch, auf dem ihn am 5. Mai 1945 in der Nähe von Schwerin amerikanische Soldaten befreiten.
Nach dem Krieg eröffnete Leon Schwarzbaum in Berlin ein Geschäft mit Antiquitäten und Kunstgegenständen. Im hohen Alter begann er, jungen Menschen in Vorträgen an Schulen über die NS-Zeit zu berichten. Im Auschwitz-Prozess gegen den früheren SS-Wachmann Reinhold Hanning sagte er 2016 vor dem Detmolder Landgericht als Nebenkläger aus. epd