Es ist immer eine Ausnahme, wenn ein Theaterdirektor vor dem Bühnenvorhang erscheint. Diesmal ist Martin Woelffer vor das Publikum getreten, um diesem zu verkünden: »Mich schockieren die Bilder aus der Ukraine, und ich hoffe von ganzem Herzen, dass der Krieg bald ein Ende hat. Aber glauben tue ich das nicht!« Gleichwohl hat er den Vorschlag des Schauspielers Ilja Richter aufgegriffen und sein Theater (derzeit gastiert die Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater) Künstlern für eine Benefiz-Gala zugunsten der Ukraine zur Verfügung gestellt.
Der Abend würde, wie Richter gleich zu Beginn der Veranstaltung klarstellt, ein Kampf gegen die Ohnmacht sein. Die gesamten Einnahmen des Abends sowie der in der Pause konsumierten Getränke wurden der »Aktion Deutschland hilft. Nothilfe Ukraine« zur Verfügung gestellt.
BEGINN Den Beginn machte die Schauspielerin Adriana Altaras mit einem sehr persönlichen Text. Der Kolumnist Harald Martenstein gab zu bedenken, dass dieser Krieg längst vorbei gewesen wäre, wenn man, was hierzulande manche fordern, auf Putins Bedingungen eingegangen wäre und kapituliert hätte. Das aber würde für alle Zeit bedeuten, den Despoten dieser Welt das Feld zu überlassen.
Die Schauspielerin Katja Weitzenböck las aus dem Buch Vielleicht Esther der ukrainischen Bachmann-Preisträgerin Katja Petrowskaja, in welchem sie mit Lakonie, Witz und Wortgewalt, in kurzen Bildern ihre Suche nach ihren verfolgten und ermordeten Ahnen beschreibt. Der Schriftsteller und Drehbuchautor Michel Bergmann trug aus seinem Erzählband Alles was war vor. Er endet mit dem Talmud-Satz, wer ein Leben rette, rette die Welt, und ergänzt: »Wer einen Menschen tötet, tötet die Welt.«
Wahre Höhepunkte des Abends waren der Chansonnier Klaus Hoffmann mit seinem Pianisten Hawo Bleich und die 87-jährige Brigitte Grothum, die in einem beeindruckenden Theatermonolog aus den Erinnerungen der vom Nazismus geläuterten ehemaligen Goebbels-Sekretärin Brunhilde Pomsel rezitierte.
beifallsstürme Besonders hervorzuheben sind zwei klassische Musikerinnen: die koreanische Pianistin Yoonji Kim, die noch am vergangenen Samstag im Kammermusiksaal der Philharmonie konzertierte, und die Nachwuchs-Cellistin Aleke Alpermann, deren unprätentiöser Umgang mit Johann Sebastian Bach das Publikum ebenfalls zu Beifallsstürmen animierte.
Es war eine gute Wahl von Ilja Richter, der auch Songs aus seinem aktuellen Programm Meine Lieblingslieder vortrug, begleitet vom Pianisten Harry Ermer, einen Comedy-Act als Schlusspunkt zu setzen.
Die aus Amerika stammende Entertainerin Gayle Tufts und ihr Klavier spielender Bühnenpartner Marian Lux lieferten den Beweis, dass man sich mit einem Autokraten wie Putin auch mit den Mitteln der Komik nähern kann. Den Krieg kann man mit einem solchen Programm nicht beenden, ein Publikum in seinem solidarischen Verhalten bestärken aber schon.