So heiß und gleichzeitig so familiär dürfte es in den Münchner Kammerspielen schon lange nicht mehr zugegangen sein wie kürzlich anlässlich des einmaligen Gastspiels der beiden kanadischen Comedy-Künstler Eli Batalion und Jamie Elman.
Selten hat man in der letzten Zeit so viele Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde der jüngeren und mittleren Generation beisammen gesehen, die einer gemeinsamen Einladung von Bʼnai Bʼrith Loge und Keren Hayesod München unter Beteiligung der Literaturhandlung gefolgt waren. Dabei stand ein Programm auf dem Spielplan, von dem die Bühnenarbeiter und Platzanweiser des Schauspielhauses so gut wie nichts verstanden.
feuerwerk Und auch die jüdische Zuhörerschaft war gefordert, nicht nur, weil ein Feuerwerk an jüdischen »Jokes«, Scherzen aller Art, auf sie einprasselte. Sondern auch, weil es nicht das vertraute Jiddisch der Großeltern war; dafür aber eine vogelwilde Mischung aus Jiddisch, Englisch und Yinglisch. Selbst vor Symbolen des urwüchsig Bayerischen mit einem Abstecher ins Hofbräuhaus machten die Comedians in ihrem Programm »Meschugge in Munich« nicht halt.
Darin liegt nämlich das Besondere. Wenn die beiden in einer ihnen fremden Stadt, ob Miami, Berlin oder München, auftreten, reisen sie früher an, nehmen sich die Zeit für Streifzüge auf jüdischen Spuren, aber auch zu Sehenswürdigkeiten und Kuriosem. Es entstehen kleine Filmsequenzen und Unmengen von Fotos, die anschließend bearbeitet und in das Bühnenprogramm vor Ort per Projektion eingebaut werden.
In München sah es zunächst so aus, als hätte sich Eli Batalion noch schnell an der Kotel göttlichen Segen für seinen Bühnenauftritt besorgt. Dann wird rausgezoomt, und sofort ist klar, die täuschend echt wirkende Aufnahme entstand an der Außenfassade der Synagoge »Ohel Jakob«. Um die Ecke am Spielplatz gibt es Platten auf Spiralen, auf denen man vergnügt herumspringen kann. Wer hätte je gesehen, dass sie spiralig aufgerollten Pejes nachempfunden scheinen.
jiddisch Diesen verspielten Blick auf das Leben im Allgemeinen und auf echte und eingebildete Lebenskrisen hat sich das Duo erhalten. Sie kennen sich seit ihrer Schulzeit an der Bialik High School in Montreal, wo sie Jiddisch lernten, was Eli Batalion auch zu Hause mitbekam. Bei einer bebilderten Exkursion in die Frühzeit ihres Berufslebens wird sichtbar, dass der gebürtige New Yorker Benjamin David »Jamie« Elman eine respektable Schauspielkarriere 1995 neben Keanu Reeves begann. Zwischen 2003 und 2007 tauchte er in namhaften Serien auf wie Without a Trace, CSI: NY und Criminal Minds. Eli Batalion ging andere Wege in der Unterhaltungsindustrie.
Doch dann trafen sie sich wieder und erkannten, dass sie aus ihrer jüdischen Prägung etwas Eigenes entwickeln könnten. Die Mittdreißiger-Lebenskrise wurde zum Auftakt für das YidLife-Crisis-Projekt, mit dem sie im September 2014 auf YouTube an den Start gingen. Ihre erfolgreiche Comedy-Web-Serie, in der sie ihre Doppelgänger, die »schmendriks« Chaimie und Leizer, mit jüdischem Humor durchs Leben stolpern lassen, kam so gut an, dass sie dieses Format nun mit Live-Auftritten in Kanada, den USA, aber auch in Deutschland kombinieren.
Ihr Sketch eines Blind Date in einer Sushi-Bar von 2016, in dem Mayim Bialik, bekannt aus der Serie The Big Bang Theory als potenzielle Heiratskandidatin auftritt, gehört schon zu den modernen Klassikern des jüdisch-jiddischen Humors. Auch das Münchner Publikum hatte seinen Spaß daran – ebenso wie die beiden Vorsitzenden der gastgebenden Verbände, Daniel Gitbud von der B’nai Brith Loge und Amir Borenstein vom Keren Hayesod.