Manchmal ist es ein nur offizielles Schreiben, das nicht verstanden wird und den Besuch im Gemeindebüro notwendig macht. Manchmal wird aber mehr als nur Unterstützung beim Verstehen der Behördensprache benötigt. Mal wird darum gebeten, beim Ausfüllen eines Antrags zu helfen, mal möchte jemand zum Arzt begleitet werden – und das unabhängig davon, ob gerade Schulferien sind. »Und deswegen«, sagt Ilse Danzinger, »schauen wir zu, dass wir auch in der Sommerzeit Sprechstunde halten.«
Doch anders als sonst ist das Büro der Jüdischen Gemeinde Regensburg während der Sommerferien für den Publikumsverkehr nur vormittags bis 13.30 Uhr geöffnet, erklärt das Vorstandsmitglied. Telefonisch erreichbar sind die Mitarbeiter hingegen montags bis donnerstags von 9.30 bis 16 Uhr und freitags bis 14 Uhr. Nicht gerüttelt wird jedoch an den Gottesdiensten: Sie finden in der Stadt an der Donau regulär statt.
Alternative 500 Kilometer weiter nördlich liegt Bielefeld. »Wir haben vom 1. bis 21. August geschlossen«, berichtet Paul-Yuval Adam, Vorstandsmitglied der Jüdischen Kultusgemeinde. »Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in den wohlverdienten Sommerurlaub«, ist im Gemeindebrief zu lesen.
So ganz auf sich allein gelassen sind die in der Ferienzeit daheimbleibenden Mitglieder aber auch in Bielefeld nicht. Denn bei dringenden Angelegenheiten kann entweder auf dem Anrufbeantworter der Gemeinde oder per E-Mail um Rückruf gebeten werden. Und auch für jene, die nicht auf moderne Kommunikationsmittel zurückgreifen wollen, gibt es einen Weg: Der Gemeindebrief schlägt vor, Nachrichten »in den Briefkasten der Gemeinde vor dem Einfahrtstor zu werfen«.
Einheitliche Regelungen für die Sommerzeit gibt es bei den jüdischen Gemeinden in Deutschland nicht. Je nach Gemeindegröße und -struktur werden Gottesdienste, Sozialberatung sowie Aktivitäten für Kinder und Jugendliche angeboten. So lädt beispielsweise die Jüdische Gemeinde Marburg während der Schulferien täglich zur Schachschule ein. Das Gemeindebüro hat wochentags von 9 bis 15 Uhr geöffnet, auf den Gottesdienst wird nur am 5. August verzichtet. Dagegen fällt etwa in Hamburg kein Gottesdienst aus.
In den neuen Bundesländern halten einige Gemeinden trotz Urlaubszeit den Betrieb unverändert aufrecht – so etwa in Cottbus und in Chemnitz. »Wir funktionieren«, sagt Max Slovomik aus der Jüdischen Gemeinde Cottbus. Im sächsischen Chemnitz ist sogar für den 5. und 6. August sowie den 2. und 3. September eine Schabbatfeier mit Landesrabbiner Salomon Almekias-Siegl geplant. Der Rabbiner hat trotz der Sommerferien ein volles Programm: Am 12. und 13. August feiert er mit der Dresdner Gemeinde Schabbat.
Angebote »Keine Ferien vom Gottesdienst« ist das Motto der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Stuttgart, wie die Gemeindemitarbeiterin Svetlana Moroz sagt. Auch Ferienerlebnisse werden den Kindern der Gemeinde geboten. So stehen etwa für den Monat August Ausflüge ins Legoland, Grillabende und Besuche im Freibad auf dem Programm.
Haben die Gemeinden viel Nachwuchs, bieten sie Daycamps oder gar Ferienfreizeiten im Ausland an. Die Dresdner Kinder sind zurzeit im Sommerlager im italienischen Bellaria an der Adria. David Nikolas, Leiter des Jüdischen Kulturzentrums Augsburg, hat die Erfahrung gemacht, dass das Programm wahrgenommen wird, wenn es kostenfrei ist. Sonst würden die Angebote nicht so recht angenommen, weil manche Familien dafür einfach kein Geld hätten.
»Wir organisieren in den Sommerferien ein Machane in Bulgarien. Gerade sind 25 Teilnehmer am Schwarzen Meer«, berichtet Max Privorozki, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Halle. Auch dort macht die Gemeindeverwaltung in der Ferienzeit Urlaub und hat bis Ende August ihre Aktivitäten reduziert. In dringenden Fällen ist aber »stets jemand erreichbar.« Neun- bis Zwölfjährige lädt die Synagogen-Gemeinde Köln zu »Daycamps« ein. »Am Gemeindeleben ändert sich sonst nichts«, sagt Leo Kupfer von der Verwaltung.
Ausland Manch eine Gemeinde macht nicht nur Reisepläne für Kinder und Jugendliche, sondern sorgt auch für Tapetenwechsel bei Erwachsenen. Die Augsburger Gemeinde zieht es in die Berge, geplant ist ein »Ausflug der Beter« ins Allgäu. Und Konstanz, eine der südlichsten jüdischen Gemeinden in Deutschland, lädt seine Mitglieder für Ende Juli zu einem Tagesausflug ins elsässische Colmar ein – Führung durch das Jüdische Viertel inklusive.
Wer als Tourist nach Konstanz reist und geistliche Erbauung sucht, findet diese in der örtlichen Gemeinde. Gottesdienste beginnen freitags um 19 Uhr und samstags um 10 Uhr. Zu diesen Zeiten beginnen auch bei der Jüdischen Gemeinde Aachen die Schabbatfeier. Urlauber können etwa nach der Besichtigung des Kaiserdoms den Gottesdienst der Gemeinde besuchen.
Wie vielerorts bleibt auch in Aachen das Gemeindebüro während der Ferienzeit durchgehend geöffnet. Geschlossen ist hingegen das Jugendzentrum. »Früher haben wir Freizeiten für Kinder organisiert, in diesem Jahr aber nicht«, sagt Vorstandsassistent Alexander Drehmann.