Mit einer Festveranstaltung hat die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) am Montagabend in München an ihre Gründung vor 70 Jahren erinnert. »Ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft war die Gründungsidee«, sagte der evangelische Vorsitzende Reiner Schübel bei der Jubiläumsveranstaltung. »Doch leider ist der Antisemitismus, auch 70 Jahre später noch, immer noch ein Thema.«
Dem versuche die Gesellschaft durch ihre engagierte Arbeit und mit zahlreichen Formaten wie Demonstrationen oder Schulkooperationen zu begegnen, so Schübel weiter. Damit dies dem 450 Mitglieder zählenden Münchner Verein gelingen könne, sei die GCJZ darauf angewiesen, künftig attraktiver für junge Menschen zu werden.
Nachtcafé Gemeinsam mit seinem jüdischen Vorsitzenden Abi Pitum von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sowie der katholischen Co-Vorsitzenden Gabriele Rüttiger hat Schübel deshalb jüngst neue Formate entwickelt. Zu diesen Projekten gehört unter anderem das »interreligiöse Nachtcafé«, das Studenten und andere junge Erwachsene in Bars und Cafés zusammenbringen soll.
»Wir wollen mit jungen Künstlern, Schriftstellern, Sportlern über die Symbolwelten und religiösen Szenen unseres modernen Lebens ins Gespräch kommen«, betonte der Theologe. Auch Muslime seien dazu eingeladen. »Unser Ziel ist es, auch eine Brücke zum Islam zu schlagen.«
Im Hauptreferat der Festveranstaltung ging der Potsdamer Rabbiner Walter Homolka auf die wechselvolle Geschichte der Gesellschaft ein. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vernichtung der Juden in Deutschland in der Schoa sei »so etwas wie ein Gespräch von Christen und Juden im Land der Täter ein Ding der Unmöglichkeit« gewesen. Damals hätten sich die Eliten schwer damit getan, ihre Verantwortung zu reflektieren, und nur wenige Christen hätten sich das Versagen der Kirchen im Nationalsozialismus eingestanden, sagte Homolka.
Flüchtlinge Auch heute gehörten zum Alltag der Juden in Deutschland Antisemitismus und der Kampf dagegen, betonte Homolka. Wie die Erfahrungen der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gezeigt hätten, brauche jede Begegnung persönliche Beziehung.
Von dieser Begegnung sei zudem auch mehr Einsicht zu erhoffen, wie das Miteinander mit Flüchtlingen gelingen könne, »die ein Zerrbild des Judentums in sich tragen. Die Arbeit mit diesen Menschen und das Auf-sie-Zugehen ist heute eine wichtige Herausforderung für uns Juden«, sagte Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam.
1948 war der Verein auf Initiative der US-Militärverwaltung als deutschlandweit erste GCJZ gegründet worden. Neben der Münchner Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gibt es deutschlandweit über 80 GCJZs. Sie versammeln sich unter dem Dach des 1949 gegründeten »Deutschen Koordinierungsrats«, dessen Schirmherr traditionell der amtierende Bundespräsident ist.
Die bekannteste Veranstaltung der GCJZ ist die »Woche der Brüderlichkeit«, die jedes Jahr Anfang März stattfindet. Zu den Partnern der GCJZ zählen die Israelitische Kultusgemeinde, die liberale Gemeinde Beth Schalom, das Jüdische Museum und das NS-Dokumentationszentrum, die Evangelische Stadtakademie, das Münchner Bildungswerk und viele mehr. ja/epd