Das Zacharias Frankel College (ZFC) sieht einer ungewissen Zukunft entgegen. Die 2013 gegründete Rabbinerausbildungsstätte der Masorti-Bewegung in Potsdam ist seit gut einem Jahr im Besitz der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die zeitgleich auch die Anteile am Abraham Geiger Kolleg (AGK) übernommen und angekündigt hatte, die beiden an die Universität Potsdam angeschlossenen Einrichtungen in ein »ruhigeres Fahrwasser« bringen zu wollen. Viel passiert ist seitdem aber nicht.
Einen Plan, wie es beim ZFC weitergehen soll, haben die neuen Eigentümer bislang nicht vorgelegt. Die Kommunikation zwischen der Geschäftsführung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und der für das Tagesgeschäft in Potsdam verantwortlichen »Chief Operating Officer«, Sandra Anusiewicz-Baer, ist dem Vernehmen nach nicht sehr intensiv.
Auch mit der rabbinischen Leitung des ZFC haben sich die Berliner Gemeindeverantwortlichen offenbar noch nicht ausgetauscht. Das ZFC arbeitet eng mit der Ziegler School of Rabbinic Studies in Los Angeles zusammen. Finanziell steht das College ebenfalls auf wackeligen Beinen. Anusiewicz-Baer musste bereits bei den American Friends of Zacharias Frankel College um einen Überbrückungszuschuss bitten, weil das Geld aus Berlin ausblieb. Im Gegensatz zum AGK erhält das College keine Mittel aus dem Budget des Zentralrats der Juden oder den Etats des Bundes und der Länder.
Das sei, heißt es in Potsdam, eine Folge der jahrelangen Ungleichbehandlung der beiden Rabbinerausbildungsstätten in der Ära des Gründers und Geschäftsführers von ZFC und AGK, Rabbiner Walter Homolka. Dieser hatte sich nach schweren Vorwürfen aus der Leitung der beiden Rabbinerseminare zurückgezogen.
Jetzt haben die zehn Studierenden des ZFC einen Hilferuf ausgesendet. In einem Offenen Brief warnen sie vor der drohenden Schließung des einzigen Masorti-Rabbinerseminars in Europa. Es herrsche, seit »die Jüdische Gemeinde zu Berlin im Januar 2023 die Trägerschaft unserer Institution übernommen hat, größere Unklarheit als jemals zuvor«. Die Studierenden wollen, dass die Gemeinde ihre Verantwortung als Träger ernst nehme. Und auch der Zentralrat müsse nun Schritte zur Rettung des ZFC unternehmen. Es brauche dringend ein verlässliches Budget, eine langfristige Planung, transparente Leitungsstrukturen und mehr Personal für das Zacharias Frankel College, so der Offene Brief.
Bereits vor einem Jahr hatte der Zentralrat eine Neuordnung der liberalen und konservativen Rabbinerausbildung in Deutschland im Rahmen eines Stiftungsmodells vorgeschlagen. Dem Vernehmen nach wird im Leo-Baeck-Haus zurzeit an dieser Struktur gearbeitet.