Wie können digitale Gesprächsrunden für die Teilnehmer interaktiv und möglichst abwechslungsreich gestaltet werden? Diese Frage hat sich Tobias Grill schon häufiger gestellt. Der 48-Jährige ist persönlicher Referent des Geschäftsführers bei der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. »In der Corona-Pandemie sind wir alle dazu gezwungen, Abstand zu halten und viele soziale Kontakte auf Eis zu legen«, sagt Tobias Grill. »Online-Treffen bieten die Chance, mit anderen Gemeindemitgliedern und Kollegen in Kontakt zu bleiben und weiterhin gemeinsame Veranstaltungen digital umzusetzen.«
Die gängigen Konferenz-Plattformen wie Zoom, Skype oder Teams sind ihm seit Längerem bekannt. Inzwischen sind ihm ihre grundlegenden Funktionen auch mehr als vertraut. Dass Veranstaltungen über Zoom und Co. aber noch um zusätzliche Tools ergänzt werden können, die dann gemeinsames Arbeiten an Dokumenten, Pinnwänden und Abfragen ermöglichen – das hat Tobias Grill erst vor Kurzem erfahren.
Anfang März hat er gemeinsam mit anderen Gemeindemitgliedern an einer Online-Schulung der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) teilgenommen. Im Rahmen ihres Projekts »Mabat« bietet die ZWST seit Februar dieses Jahres kostenfreie Digitale Trainings speziell für Mitarbeiter jüdischer Gemeinden in Deutschland an. Ziel ist es, die Gemeindemitarbeiter – egal ob hauptamtlich beschäftigt oder ehrenamtlich tätig – fit für den Umgang mit digitalen Kommunikationsmitteln zu machen.
Videos »Die Online-Schulung war großartig und hat mir wirklich etwas gebracht«, sagt Tobias Grill begeistert. Er hat zum ersten Mal an einem Training dieser Art teilgenommen. Es ging um unterschiedliche Videoformate und wie virtuelle Konferenzen anregend moderiert werden können. Am interessantesten war aus Sicht des Münchners die Vorstellung der App »Mentimeter« – eine Anwendung für den PC, mit der es möglich ist, Teilnehmer von Videokonferenzen in Echtzeit nach ihrem Feedback zu befragen. »Ich werde diese Funktion ganz sicher in Zukunft in unsere Veranstaltungsorganisation integrieren«, nimmt sich Tobias Grill vor.
Die Trainings »haben mir trotz einiger Vorkenntnisse neue und spannende Funktionen für unsere Videoformate gezeigt«, sagt Baruch Chauskin.
Auch Baruch Chauskin, Kantor der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, ist von den digitalen »Mabat«-Schulungen angetan. »Die Trainings sind wirklich sehr interessant gestaltet und haben mir trotz einiger Vorkenntnisse neue und spannende Funktionen für unsere Videoformate gezeigt«, sagt Chauskin. Gemeinsam mit fünf weiteren Mitarbeitern der Gemeinde hat er an einer Schulung zur Video-Plattform Zoom teilgenommen.
»In unserer Gemeinde ist Digitalisierung ein ganz wichtiges Thema«, erzählt der Kantor, der einen eigenen YouTube-Kanal mit Musik und Reflexionen zum wöchentlichen Toraabschnitt betreut. »Wir wollen unseren Mitgliedern auch über die Pandemie hinaus in Zukunft viel mehr digitale Partizipation ermöglichen.« Er freut sich darauf, in den nächsten Wochen an einer weiteren Schulung von »Mabat« teilzunehmen.
Irina Rosensaft, Leiterin der Stabsstelle Digitale Transformation der ZWST und Koordinatorin von »Mabat«, und Constantin Schmutzler von der Berlin Start-up School freuen sich über die positiven Rückmeldungen. Sie leiten die Schulungen für die Gemeindemitarbeiter. »Wir haben uns als Ziel gesetzt, dass jeder Schulungsteilnehmer das nötige Wissen im Bereich digitale Kommunikation bekommt und dieses dann auch weitergeben kann«, sagt Schmutzler. Es sei spannend zu sehen, dass die Menschen unabhängig von ihrem Alter und ihren Vorkenntnissen große Lust hätten, mehr über digitale Kommunikation und die entsprechenden Anwendungen zu erfahren. »Wenn die Teilnehmer merken, dass es kein Hexenwerk ist, mit den Tools umzugehen, haben sie regelrechtes Leuchten in den Augen.«
Nachfrage Irina Rosensaft kann die Beobachtungen ihres Kollegen nur bestätigen. »Unsere Trainings werden sehr gut angenommen«, sagt sie. Die hohe Nachfrage bestätigt sie darin, dass es richtig war, den Fokus zunächst auf Mitarbeiter in den Gemeinden zu richten, »die dann wiederum als Multiplikatoren die Themen in ihre jeweilige Gemeinde tragen können«, erklärt Rosensaft, die seit einem halben Jahr das Projekt für die ZWST organisiert.
Mit den bisher durchgeführten sechs Trainingseinheiten konnten bereits mehr als 100 Gemeindemitarbeiter erreicht werden. Geplant waren die Schulungen bereits seit einiger Zeit. Die Corona-Pandemie hat dem Ganzen eine neue Notwendigkeit gegeben. »Die Apps und digitalen Kommunikationsplattformen sind inzwischen allgegenwärtig«, sagt sie.
Wichtig ist ihr, dass die Schulungen so individuell und flexibel wie möglich gestaltet werden. »Ein Training nach dem Motto ›one fits all‹ gibt es bei uns nicht«, sagt Irina Rosensaft. Man sei bestrebt, die Schulungen anhand der Teilnehmer-Feedbacks stetig weiterzuentwickeln und das Angebot weiter auszubauen.