Nach einer sehr erfolgreichen Schau in Nürnberg kann die Ausstellung Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung – 1945 bis heute nun auch im Münchner NS-Dokumentationszentrum besichtigt werden. Bei der Eröffnung kamen kürzlich neben der Direktorin des Hauses, Mirjam Zadoff, auch Betroffene rechtsterroristischer Gewalt zu Wort. Zuvor hatte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sich mit einleitenden Worten an das Publikum gewandt.
Knobloch betonte, die Gesellschaft spreche »niemals nur von den Phänomenen Rechtsextremismus, Hass und Antisemitismus selbst. Wir sprechen vor allem über das dahinterstehende Bewusstsein, das die deutsche Gesellschaft dafür ausgebildet haben sollte«. Dieses Bewusstsein aber erscheine heute unerwartet brüchig. Die IKG-Präsidentin sprach sich deshalb für eine starke Zivilgesellschaft aus, die mit eigenen Initiativen die strafrechtliche Verfolgung des Rechtsterrorismus flankieren müsse. »Wer glaubt, eine Gefahr für die jüdische Gemeinschaft sei nicht auch eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft, der spaziert durch ein Minenfeld.«
»Wer glaubt, eine Gefahr für die jüdische Gemeinschaft sei nicht auch eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft, der spaziert durch ein Minenfeld.«
Charlotte Knobloch
Zu Wort kamen im Anschluss außerdem Robert Höckmayr, Überlebender des Oktoberfest-Attentats, Mandy Boulgarides, Tochter des durch den NSU ermordeten Theodoros Boulgarides, und Sibel Leyla, Mutter des beim OEZ-Attentat 2016 in München ermordeten Can Leyla. Sichtlich bewegt wies Höckmayr darauf hin, wie viele juristische Defizite bei Hilfsangeboten für Betroffene nach wie vor bestünden, und erklärte, die Kluft zwischen Recht und Gerechtigkeit dürfe nicht zu groß werden.
Auch Mandy Boulgarides beschrieb in ihrer Rede den jahrelangen Kampf um Anerkennung, Hilfe und Akzeptanz, den Hinterbliebene auf sich nehmen müssten. Sibel Leyla erinnerte an ihren Sohn, der »diese Stadt München und das Land umarmt hat«. Die Ausstellung sei auch deshalb wichtig, selbst wenn das Attentat so erst nach etlichen Jahren thematisiert würde.
Die Ausstellung, die noch bis zum 28. Juli zu sehen ist, soll nach Aussage von Kurator Steffen Liebscher für das Thema rechtsterroristischer Gewalt sensibilisieren und die Perspektive der Betroffenen in den Fokus stellen. Oft habe sich an den ausgewählten Fällen gezeigt, dass Opfer, Angehörige und Hinterbliebene selbst kriminalisiert wurden und keine ausreichende Unterstützung erfuhren.
Abgebildet wird ein großer Zeitraum, von den seinerzeit geplanten Anschlägen auf die Nürnberger Prozesse über das Oktoberfest-Attentat 1980 und die NSU-Morde bis zu den Terroranschlägen in München, Hanau und Halle an der Saale. Auch der originale Türrahmen der Synagoge in Halle wird in der Ausstellung gezeigt.
Die Ausstellung »Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung – 1945 bis heute« ist bis 28. Juli (Dienstag bis Sonntag von 10 bis 19 Uhr) im NS-Dokumentationszentrum zu besichtigen.