Ausstellung

Die Perspektive der Betroffenen

Das NS-Dokumentationszentrum in München beleuchtet den Rechtsterrorismus von 1945 bis heute

von Luis Gruhler  05.05.2024 23:03 Uhr

Charlotte Knobloch sprach bei der Eröffnung. Foto: © NS-Dokumentationszentrum München, Foto: Orla Connolly

Das NS-Dokumentationszentrum in München beleuchtet den Rechtsterrorismus von 1945 bis heute

von Luis Gruhler  05.05.2024 23:03 Uhr

Nach einer sehr erfolgreichen Schau in Nürnberg kann die Ausstellung Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung – 1945 bis heute nun auch im Münchner NS-Dokumentationszentrum besichtigt werden. Bei der Eröffnung kamen kürzlich neben der Direktorin des Hauses, Mirjam Zadoff, auch Betroffene rechtsterroristischer Gewalt zu Wort. Zuvor hatte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sich mit einleitenden Worten an das Publikum gewandt.

Knobloch betonte, die Gesellschaft spreche »niemals nur von den Phänomenen Rechtsextremismus, Hass und Antisemitismus selbst. Wir sprechen vor allem über das dahinterstehende Bewusstsein, das die deutsche Gesellschaft dafür ausgebildet haben sollte«. Dieses Bewusstsein aber erscheine heute unerwartet brüchig. Die IKG-Präsidentin sprach sich deshalb für eine starke Zivilgesellschaft aus, die mit eigenen Initiativen die strafrechtliche Verfolgung des Rechtsterrorismus flankieren müsse. »Wer glaubt, eine Gefahr für die jüdische Gemeinschaft sei nicht auch eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft, der spaziert durch ein Minenfeld.«

»Wer glaubt, eine Gefahr für die jüdische Gemeinschaft sei nicht auch eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft, der spaziert durch ein Minenfeld.«

Charlotte Knobloch

Zu Wort kamen im Anschluss außerdem Robert Höckmayr, Überlebender des Oktoberfest-Attentats, Mandy Boulgarides, Tochter des durch den NSU ermordeten Theodoros Boulgarides, und Sibel Leyla, Mutter des beim OEZ-Attentat 2016 in München ermordeten Can Leyla. Sichtlich bewegt wies Höckmayr darauf hin, wie viele juristische Defizite bei Hilfsangeboten für Betroffene nach wie vor bestünden, und erklärte, die Kluft zwischen Recht und Gerechtigkeit dürfe nicht zu groß werden.

Auch Mandy Boulgarides beschrieb in ihrer Rede den jahrelangen Kampf um Anerkennung, Hilfe und Akzeptanz, den Hinterbliebene auf sich nehmen müssten. Sibel Leyla erinnerte an ihren Sohn, der »diese Stadt München und das Land umarmt hat«. Die Ausstellung sei auch deshalb wichtig, selbst wenn das Attentat so erst nach etlichen Jahren thematisiert würde.

Die Ausstellung, die noch bis zum 28. Juli zu sehen ist, soll nach Aussage von Kurator Steffen Liebscher für das Thema rechtsterroristischer Gewalt sensibilisieren und die Perspektive der Betroffenen in den Fokus stellen. Oft habe sich an den ausgewählten Fällen gezeigt, dass Opfer, Angehörige und Hinterbliebene selbst kriminalisiert wurden und keine ausreichende Unterstützung erfuhren.

Abgebildet wird ein großer Zeitraum, von den seinerzeit geplanten Anschlägen auf die Nürnberger Prozesse über das Oktoberfest-Attentat 1980 und die NSU-Morde bis zu den Terroranschlägen in München, Hanau und Halle an der Saale. Auch der originale Türrahmen der Synagoge in Halle wird in der Ausstellung gezeigt.

Die Ausstellung »Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung – 1945 bis heute« ist bis 28. Juli (Dienstag bis Sonntag von 10 bis 19 Uhr) im NS-Dokumentationszentrum zu besichtigen.

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert