Durch einen Kontakt zwischen Vladmir Andrle, Präsident von »La Benevolencija« in Sarajevo (Bosnien und Herzegowina) und dem Geschäftsführer der Israelitischen Kultusgemeinde, Steven Guttmann, war vergangene Woche eine besondere Delegation im Jüdischen Gemeindezentrum zu Besuch.
14 Mitglieder des »Committee for Dialogue of SMC – Srebrenica Memorial Center« unter Führung von Almir Salihovic und Zlatan Hajlovac, der das Projekt »Wahrheit – Dialog – Zukunft« betreut, besuchten die KZ-Gedenkstätte Dachau und kamen anschließend zu einem Informationsaustausch an den Jakobsplatz.
dachau Ellen Presser empfing die Besucher, zu denen Mitglieder des Komitees der Mütter von Srebrenica, Historiker, Journalisten und Aktivisten gehörten, in der Synagoge »Ohel Jakob«. Die Gäste, noch tief bewegt von den Eindrücken ihrer Exkursion nach Dachau, fühlten sich zusehends wohl.
Denn so modern diese Synagoge auch ist und sich damit von einer Moschee unterscheidet, so wirkte doch etliches auch sehr vertraut: die separaten Bereiche für Männer und Frauen und das Lesen der Gebetssprache, hier Hebräisch, dort Arabisch, von rechts nach links. Als besonders eindrucksvoll wurden die beiden siebenarmigen Leuchter empfunden, die lediglich sechs Lichter erlauben und damit mit der Gesamtzahl der jüdischen Opfer, die im Gang der Erinnerung an zentraler Stelle eingemeißelt ist, korrespondieren: sechs Millionen.
Ellen Presser empfing die Besucher, zu denen Mitglieder des Komitees der Mütter von Srebrenica, Historiker, Journalisten und Aktivisten gehörten, in der Synagoge »Ohel Jakob«.
Die Referentin, deren Eltern sich als Schoa-Überlebende zeitlebens fragten, was Deutsche in ihrem Alter oder darüber zwischen 1933 und 1945 getan hatten, eröffnete den Austausch mit der Frage, wie es heute um das Zusammenleben der Ethnien stehe. Hintergrund ist der Genozid von Srebrenica, dem im Juli 1995 binnen weniger Tage mehr als 8000 Bosniaken, beinahe ausschließlich Männer und Jungen zwischen 13 und 78 Jahren, zum Opfer fielen – ermordet von bosnischen Serben. Dieser Völkermord wurde eingestuft als schwerstes Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs.
»gang der erinnerung« Zu Wort meldete sich Munira Subašić, Vorsitzende der Vereinigung der Mütter der Bezirke Srebrenica und Žepa. Die weißhaarige Dame, die auf ihren Stock gestützt die Stufen vom unterirdischen »Gang der Erinnerung« zur Synagoge erklomm, trägt noch viel schwerer an ihren Erinnerungen. Sie hat allein 25 Angehörige verloren. Man lebe weiter – neben den Nachbarn, die einen einst verrieten, sagte sie. Ihr sei wichtig, dass die Opfer unvergessen und die Wahrheit, was bosnischen Muslimen angetan wurde, nicht geleugnet wird, betonte Subašić. Die anderen Teilnehmer nickten zustimmend.
Für das, was die einen verloren und die anderen erforschen, gibt es keine Worte. Doch tätige Unterstützung hilft – wie der Verein La Benevolencija, der seine Ursprünge im späten 19. Jahrhundert hat und von der jüdischen Gemeinschaft Bosniens im Jahr 1991 wiederbelebt wurde. Er leistete in diesem Fall einen erheblichen Beitrag zur Versorgung und Evakuierung Bedürftiger, unabhängig von ihrer Konfession oder ethnischen Zugehörigkeit.
Der Besuch fand schließlich einen entspannten Ausklang im Restaurant »Einstein«. Dabei begrüßte IKG-Geschäftsführer Steven Guttmann die Delegation persönlich – er wollte sich davon überzeugen, dass alle diesen hochemotionalen Besuch in Bayern gut aufgenommen hatten.