Als der Petriplatz am Südende der Museumsinsel 2009 nach jahrelangen Grabungen freigegeben wurde, hatte Pfarrer Gregor Hohberg zwei Möglichkeiten: Entweder hätte seine Evangelische Kirchengemeinde St. Petri–St. Marien auf dem frei gewordenen Grundstück eine neue Kirche bauen können. Oder sie hätte das Areal verpachten können. Richtig überzeugt war der Pfarrer von keiner der beiden Optionen.
Wie wäre es stattdessen, dachte er sich, das weltweit erste Haus zu errichten, unter dessen Dach sich eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee befinden? Nach vielen Gesprächen mit jüdischen und muslimischen Vertretern entschied sich der Theologe für die interreligiöse Nutzung des Areals.
»House of one« Vergangene Woche wurde das Projekt unter den Namen »House of One« auf dem Petriplatz der Öffentlichkeit vorgestellt. »Unser Vorhaben ist ein Statement im Geiste«, sagte Rabbiner Tuvia Ben-Chorin bei der Präsentation des geplanten Gotteshauses. Von einem bewussten Zeichen gegen islamistisch motivierte Gewalttaten sprach Imam Kadir Sanci. Für Pfarrer Hohberg ist es »das bislang noch nicht Gewagte«. Das »House of One« soll ein Ort werden, der allen Menschen offen steht.
Genauso wichtig ist den drei Geistlichen, dass das »House of One« den Dialog fördert, ohne die Unterschiede der Religionen zu verwässern. »Judentum, Islam und Christentum können sich im Sakralbau kennenlernen, ohne der eigenen Religion untreu zu werden«, betonte Hohberg. Diese Idee soll sich in der Bauweise widerspiegeln: Die Skizze des Architekten Wilfried Kuehn sieht vor, dass jede Religion einen separaten Gottesdienstraum erhält. In der Mitte des Gebäudes können die Besucher sich in einem Raum der Begegnung und gemeinsamen Lernens treffen.
Finanziert werden soll das Projekt ausschließlich durch Spenden. Auch hier beschreiten die Initiatoren mit einer international angelegten Crowdfunding-Kampagne neue Wege: Parallel zu der Präsentation des »House of One« Dienstag vergangene Woche starteten sie die Website www.house-of-one.com, auf der Spender Ziegelsteine im Wert von jeweils zehn Euro erwerben können.
Baukosten Die Baukosten belaufen sich auf 43,5 Millionen Euro. Die Gesamtbauzeit umfasst zwei Jahre, teilten die Initiatoren mit. Bereits im Frühjahr 2016 soll der erste Stein verlegt werden. Voraussetzung dafür ist, dass zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Millionen Euro gespendet wurden.
Bislang jedoch verläuft die Aktion eher schleppend. Rund 10.000 Euro sind bislang gespendet worden. Rabbiner Ben-Chorin, Pfarrer Hohberg und Imam Sanci sind dennoch guter Dinge, dass mit dem Bau wie geplant begonnen werden kann.
»Das Projekt wird erfolgreich sein«, ist Rabbiner Ben-Chorin überzeugt: »Mit göttlichem Beistand werden wir es schaffen.«