»Wir hatten lange schon aufgehört, von einer Synagoge zu träumen«, sagt Swetlana Keller, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde zu Dessau. Für solche Wünsche fehlt der Gemeinde mit 330 überwiegend älteren Mitgliedern das Geld. Doch der fast begrabene Traum ist der Realität jetzt ein Stück nähergekommen. Als Entwurf gibt es sie schon, die neue Synagoge von Dessau. Am vergangenen Freitag stellte Architekt Alfred Jacoby aus Frankfurt/Main seine Pläne vor.
Die Projektstudie ist ein Geschenk der Kurt-Weill-Gesellschaft an die Gemeinde. Der Komponist Kurt Weill wurde 1900 in Dessau geboren und verbrachte seine Kindheit im Kantorhaus direkt neben der Synagoge. Heute ist das Kantorhaus das Domizil der Gemeinde. Auch ein Gebetsraum ist dort untergebracht; ein nüchterner Ort mit abgewetzten Stühlen.
»Wir sind dankbar für das, was wir haben. Aber es ist nicht egal, wo man betet«, stellt Swetlana Keller fest. Mehr als 30 Personen passen nicht in den Raum. Bei Veranstaltungen mit Gästen müssen die Gemeindemitglieder draußen bleiben. Für größere Feste muss ein Saal gemietet werden.
ensemble Das könnte ein Ende haben, wenn der Entwurf verwirklicht wird. Jacoby, der unter anderem die Synagoge Beith-Schalom in Speyer und die Chemnitzer Synagoge geplant hat, hat für Dessau ein Ensemble aus Synagoge und teilbarem Mehrzwecksaal mit Bühne und angeschlossener koscherer Küche im Sinn. Die tropfenförmige Synagoge soll 100 Besuchern Platz bieten.
Das große Fenster mit Davidstern-Muster zeigt nach Jerusalem. Das kuppelförmige Dach erinnert an eine Kippa. Die Neubauten würden an das historische Kantorhaus angeschlossen und damit am gleichen Ort entstehen, wo die Dessauer Synagoge stand, bis sie am 9. November 1938 niedergebrannt wurde. Seither wurde in Sachsen-Anhalt als einzigem Bundesland keine neue Synagoge errichtet.
Auch deshalb ist die Kurt-Weill-Gesellschaft optimistisch, dass das Land sich an der Finanzierung des Neubaus beteiligt. 2,5 Millionen Euro sind veranschlagt. »Es soll kein teures Bauwerk werden, aber effektvoll«, so Jacoby. Woher das Geld kommen soll, ist bislang offen. Die Gemeinde könnte maximal 50.000 Euro beisteuern, schätzt Swetlana Keller. »Mit dem Entwurf wollten wir einen Eindruck davon vermitteln, wie das Ganze im Stadtbild aussieht.
geste Jetzt geht es um die Frage: Wer kann finanziell helfen?«, sagt Thomas Markworth, Präsident der Kurt-Weill-Gesellschaft. Der Oberbürgermeister der Stadt Dessau-Roßlau, Peter Kuras, verweist zwar auf leere Kassen, steht dem Plan aber wohlwollend gegenüber: »Ich halte das für eine wirklich wunderbare Idee und für eine wichtige Geste gegenüber unseren jüdischen Mitbürgern«, sagte er.
Das potenzielle Baugrundstück gehört der Stadt. Kuras vermutet, dass es in der NS-Zeit enteignet wurde und so in kommunalen Besitz gelangte. »Das Grundstück könnte man relativ schnell der Jüdischen Gemeinde zurück übereignen«, so das Stadtoberhaupt.
Der Symbolwert einer neuen Synagoge in der Geburtsstadt des Philosophen Moses Mendelssohn wäre hoch, da sind sich alle Beteiligten einig. Markworth betont, das Bauwerk könne für Weltoffenheit und Toleranz stehen. »Für uns als jüdische Gemeinde wäre die Synagoge ein Zeichen, dass wir hier wirklich willkommen sind«, sagt Vorstandsmitglied Swetlana Keller.