Berlin

Design im Duo

Eva und Bernard sind Einheimische. Beide sprechen die Sprache, kennen Land und Menschen. Jetzt bauen sie an einer neuen Existenz. Sie wollen eine neue Modemarke in Berlin etablieren. Das ist sicher nicht einfach, aber die beiden sind gut in dieser Szene vernetzt. Viel schwieriger ist es, wenn zwei Fremde aus Tel Aviv nach Berlin kommen. Mitte 30, mit einem sechs Monate alten Kind. Sie können kaum Deutsch, kennen niemanden. Aber sie sind kreativ, optimistisch und sie haben Mut. Auch Nait Ro-
senfelder und ihr Mann Roey Vollmann wollen eine neue Modemarke etablieren.

Nait ist Designerin, sie hat bereits in Columbus/Ohio, in San Francisco, New York und London gelebt. Sie besaß sieben Jahre lang eine Boutique in Tel Aviv. Dort hat sie ihre Kollektionen unter dem Label »Nait« verkauft. Sie war damals für Kreation, Produktion und alles Organisatorische selbst zuständig. Hier in Berlin kümmert sie sich nur noch um das Design der Kleider.
Ihr Mann Roey übernimmt die andere Hälfte der Arbeit.

Sie geben Naits Mode einen neuen Markennamen: »Eva & Bernard«. Die beiden Einheimischen sind zwei Figuren aus Roey Vollmanns Fantasie. Die neuen Namen sollten den Neustart in ih-
rem Leben und in ihrer Arbeit benennen und erleichtern.
Roey Vollmann erläutert: »Eine reale Person, eine Frau aus Naits Leben hat mich zu dem Namen ›Eva‹ inspiriert. Eva war eine Berlinerin. ›Bernard‹ passte dann einfach gut dazu. Außerdem mag ich den Namen und ich verehre den österreichischen Schriftsteller Thomas Bernhard.«

Anfänge Mode ist Fantasie. Manchmal kann man sich einen neuen Namen wie ein Kleid überstreifen. Man schneidert am eigenen Ich. Nait Rosenfelder und ihr Partner sind seit knapp zwei Jahren in Deutschland. 2008 zogen sie mit ihrem Sohn in eine Wohnung in Berlin-Kreuzberg. Dort vermischen sich seither Leben und Arbeit. Der Raum, in dem Nait an neuen Modellen arbeitet, grenzt an das Wohnzimmer.

Der Mode von »Eva & Bernard« sieht man die spartanischen Anfänge nicht an. Das Design ist reduziert originell, die Kleider scheinen zeitlos. Als Materialien werden ausgesuchte Stoffe verwendet: Organza, Seide, Kashmir und andere edle Wolle. Mit Wolle arbeitet Nait Rosenfelder erst seit ihrem Umzug nach Berlin. Der kalte deutsche Winter erfordert andere Hüllen als die wärmende Sonne Israels.

Warum tauscht eine etablierte israelische Mode-Designerin das sonnig-warme Tel Aviv gegen das häufig graue, kalte Berlin? Für Nait Rosenfelder war immer schon klar, dass sie eines Tages von Israel nach Deutschland ziehen würde. Vielleicht haben die nostalgischen Erinnerungen ihrer Großeltern, die vor dem Krieg aus Deutschland geflüchtet sind, diesen Wunsch geweckt. Vielleicht hatten die Großeltern den Deutschen ihr Wüten nie verziehen. Doch dem Land, dessen Kultur, Sprache und Natur, den Kindheitsorten in München und im Schwarzwald, blieben sie stets von Israel aus verbunden.

Einflüsse Deutschland wurde auch für die Enkelin Nait zum Sehnsuchtsort. Bereits nach ihrer Armeezeit plante sie ihr neues Leben dort, begann Deutsch zu lernen. Auch wenn dann doch noch 15 Jahre vergingen. Das Ziel, in Deutschland zu leben, hat sie verwirklicht.

Mit Blick auf ihre Kollektionen erkennt Nait Rosenfelder durchaus auch deutsche Einflüsse. Typisch für Berlin sind ihre Kleider aber nicht. Berliner Mode ist sehr salopp, die Grenzen zwischen Frauen- und Männerklamotten verschwimmen. Im Vergleich zu Paris, Mailand und New York kleiden sich die Berlinerinnen sehr sportlich, tragen gerne Hosen, weite Pullis und flache Schuhe. Nait entwarf bisher nur Kleider und Röcke. In ihrer Herbst/Winter-Kollektion für 2011/2012 finden sich zum ersten Mal Hosen und Hosenanzüge. Auch das vielleicht ein zwingendes Zugeständnis ans zugige Berlin.

Aber das Wetter ist derzeit zweitrangig. Berlin gefällt. Es sei für eine Metropole wunderbar, einfach hier als junge Familie zurechtzukommen. Und Berlin bietet, dank der bezahlbaren Alltagskosten und dem offenen Geist der Stadt auch für ihren beruflichen Neustart beste Bedingungen. Man könne hier das Lebenstempo frei bestimmen. Berlin sei zum Hafen, auch ein wenig zur Heimat geworden.

Sprache Nait Rosenfelders und Roey Vollmanns Freundeskreis ist international. Sie haben in Berlin einige israelische, amerikanische und auch ein paar deutsche Freunde. Noch ist wichtig, dass diese Englisch sprechen. Denn um in Berlin fester zu ankern, müssen beide dringend Deutsch lernen. Es sei gut möglich, in Berlin in Englisch zu kommunizieren, sagt Roey. »Aber das ist im Alltag nicht das beste Gefühl.« Und obwohl beim Umzug nach Deutschland klar war, dass sie ihre Sprachkenntnisse noch dringend verbessern müssen, blieb dafür in den ersten Monaten mit Baby und Modebetrieb keine Zeit.

Jetzt muss es sein. Der Sohn Michael ist mittlerweile schon über zwei Jahre alt, er ist tagsüber in einer Kita untergebracht und bringt von dort jeden Tag neue deutsche Wörter mit nach Hause. Die Eltern müssen mithalten. Michael hat jetzt schon den größten Teil seines Lebens in Deutschland verbracht.

Durch die Namen Eva und Bernard ist das Duo Nait Rosenfelder und Roey Vollmann mit ihrer Mode den Menschen in Deutschland näher. Würden die Kleider »Nait und Roey« heißen, trügen sie immer einen exotischen Stempel. »Man achtet dann zu sehr auf den kulturellen Hintergrund und zu wenig auf die Kleider«, sagt Nait. Und auf einen Ethno-Bonus können Eva und Bernard verzichten. Dafür stehen sie und ihre Mode viel zu sehr für sich, dafür sind beide viel zu sehr jenseits von Ländergrenzen verortet.

www.eva-bernard.com

Gera/Weimar

Stolperstein geschändet und Gedenkkränze für die Opfer der Pogromnacht gestohlen

Am Denkmal des ehemaligen Synagogenraumes waren die Kränze am 9. November abgelegt worden

 16.11.2024

Hannover

»Dieses schockierende Ereignis trifft unsere ganze Stadt«

Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) ist entsetzt über antisemitische Schmierereien – rund 800 Menschen demonstrierten

 16.11.2024

Berlin

Toleranz-Preis für Margot Friedländer und Delphine Horvilleur

Im Jüdischen Museum wird der Preis übergeben

 15.11.2024

Mainz/Speyer

SchUM-Stätten erhalten Sonderbriefmarke

Die 85-Cent-Marke ist bald verfügbar

 15.11.2024

Gedenken

Fenster in die Vergangenheit

Erinnerungszeichen für Joachim und Maria Both enthüllt

von Ellen Presser  15.11.2024

Würdigung

»Ein Jude ist in Teilen von Abu Dhabi sicherer als in Teilen Berlins«

Peter Maffay und Armin Laschet in einer Stuhlreihe in Düsseldorf: Was hat es damit auf sich? Es geht um Antisemitismus - und um Wege, ihn zu bekämpfen

von Nikolas Ender  15.11.2024

Sport

Klare Haltung zeigen: Der Kampf im Fußball gegen Antisemitismus

Antisemitische Vorfälle im Fußball nehmen zu. BVB-Chef und Leo-Baeck-Preisträger Hans-Joachim Watzke sowie der Präsident des Sportverbandes TuS Makkabi sehen den Fußball und seine Verbände gefordert

von Thomas Flehmer  14.11.2024

Mitzvah Day

Ein großes Dankeschön

Vogelhäuser bauen, Konzerte geben, Kuchen backen und die Arbeit anderer würdigen: Die Gemeinden sind kreativ

von Christine Schmitt  13.11.2024

Fußball

Jagdszenen in Neukölln

Jugendliche des TuS Makkabi wurden in Berlin angegriffen. Jetzt spielen sie nur noch unter Polizeischutz. Eine Rekonstruktion

von Helmut Kuhn  13.11.2024