Gesetzesänderung

Der Tradition entsprechend

Eingang zum Gemeindefriedhof Heerstraße Foto: Gregor Zielke

Das Berliner Bestattungsgesetz soll geändert werden. Der Senat verabschiedete in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf, wonach Tote aus religiösen Gründen zukünftig nur in einem Leinentuch und ohne Sarg bestattet werden können. Das neue Gesetz solle, erklärte der Senat, der religiösen Vielfalt in der Hauptstadt Rechnung tragen und insbesondere die bei Muslimen übliche Beisetzung in einem Leichentuch ermöglichen.

Karin Rietz, die Sprecherin der Senatssozialverwaltung, sagte, dass Berlin ein Einwanderungsland sei, wo Menschen mit unterschiedlichen Religionen lebten. Diese unterschiedlichen Traditionen müssten respektiert werden und Unterschiede auch gelebt werden können. Günter Piening, Integrationsbeauftragter des Berliner Senats, wies darauf hin, dass die mit dem Integrationsgesetz geplante Abschaffung des Sargzwangs keineswegs an eine bestimmte Religion gebunden sei und also durchaus nicht nur für Muslime gelten werde. Voraussetzung sei jedoch, dass der Friedhofsträger ein besonderes Grabfeld für sarglose Bestattungen ausweise.

keine auswirkung Nach Einschätzung von Rabbiner Andreas Nachama von der Synagogengemeinde Sukkat Schalom sei jedoch nicht zu erwarten, dass die geplante Änderung des Bestattungsgesetzes Auswirkungen auf die bisherige Beerdigungspraxis in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin haben werde. »Selbstverständlich«, sagt der Rabbiner, »ist es jedem selbst überlassen, wie er beerdigt werden möchte. Aber ich persönlich rate davon ab, wegen der geplanten Aufhebung des Sargzwangs etwas an der Tradition zu ändern.«

Der in Israel übliche Ritus, den Verstorbenen ausschließlich in ein Leichentuch gehüllt bestatten zu lassen, sei ihm gänzlich fremd, meint Nachama. Zudem entspreche eine Beisetzung in einem einfachen Sarg durchaus der Halacha – sofern die Holzkiste nicht mit Metallgegenständen wie zum Beispiel Eisennägeln versehen sei. Denn im Judentum ist Metall ein Symbol für Krieg, Schwert und Gewalt.

In der Verwaltung der Jüdischen Gemeinde hieß es, man werde sich nach der Sommerpause mit der Änderung des Bestattungsgesetzes beschäftigen.

Rabbiner Yehuda Teichtal von Chabad Lubawitsch schätzt das Vorhaben der Landesregierung, den Muslimen die Möglichkeit zu geben, gemäß ihren religiösen Vorschriften beerdigt werden zu können, sehr. Indes: Für die Arbeit des Rabbiners wird die Änderung des Gesetzes nicht von Bedeutung sein. Denn auch er will an der Tradition des einfachen Holzsarges festhalten.

einfache holzsärge In Hamburg, dem einzigen Bundesland der Bundesrepublik, in dem schon seit über 15 Jahren die Möglichkeit besteht, aus religiösen Gründen Bestattungen ohne Sarg vorzunehmen, sieht man keinen Grund, das Bestattungsgesetz zu reformieren. »Es ist eine jahrhundertealte Tradition, dass wir in Deutschland unsere Toten in einfachen Holzsärgen beerdigen«, sagt der frühere orthodoxe Landesrabbiner von Hamburg, Dov-Levy Barsilai. »Es sprechen keine Gründe dafür, die Tradition zu ändern«, denn es gebe, so der Rabbiner, keine Mizwot, wonach die Toten in der Diaspora nur in ein Leichentuch gehüllt begraben werden müssten. Dies sei ausschließlich im Heiligen Land mitsamt seiner heiligen Erde ein Gebot.

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025

München

»Das ganz Andere fremder Welten«

Die Volkshochschule und das IKG-Kulturzentrum gedachten des 130. Geburtstags der Dichterin Gertrud Kolmar

von Helen Richter  05.01.2025

Feier

Dem Herzen folgen

Die IKG München und Oberbayern bedankt sich bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement

von Luis Gruhler  05.01.2025