Seit der Staatsgründung Israels vor 76 Jahren wird am Jom Hasikaron weltweit der Soldaten gedacht, die im Krieg für das Land ihr Leben gelassen haben; außerdem der Zivilisten, die Opfer von Terrorismus wurden. Nie fiel das Gedenken so schwer wie in diesem Jahr – mehr als sieben Monate nach den Massakern der Hamas.
Auch in München hatte die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern zur Gedenkstunde in die Hauptsynagoge eingeladen. Eineinhalb Stunden lang wurden im bis auf den letzten Platz gefüllten Haus Ansprachen und Gebete vorgetragen, während die Gedenkkerze brannte und die israelischen Flaggen, die seit dem 7. Oktober vor dem Portal gehisst sind, auf Halbmast wehten. Zahlreiche Angehörige und Freunde der Menschen, die ihr Leben in den vergangenen Wochen und Monaten verloren haben, kamen zu Wort.
Dabei hätte es in diesem Jahr, wie IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch betonte, des Gedenktags gar nicht bedurft, um sich die Schrecken der Geschichte, die Schrecken der momentanen Situation zu vergegenwärtigen: Seit dem 7. Oktober »gibt es keinen Alltag mehr in Israel«. Das strahle in die Diaspora aus: »Kein Herz fühlt diesen Schmerz nicht.«
Seit dem 7. Oktober »gibt es keinen Alltag mehr in Israel«, sagte Charlotte Knobloch.
Allein in den letzten zwölf Monaten seien zur langen Liste der Gefallenen und Ermordeten 1200 Tote hinzugekommen, die Soldaten, die seit dem 7. Oktober im Krieg ihr Leben ließen, noch gar nicht mitgerechnet. Und auch, wer das Massaker überlebte, konnte nicht selbstverständlich weiterleben: An die 50 Betroffene, so Knobloch, hätten in den folgenden Monaten Selbstmord begangen. In ihrer kurzen Ansprache wurde die IKG-Präsidentin sehr persönlich. So vergehe »kein Tag, an dem mich nicht das Elend des 7. Oktober heimsucht«.
Auch Talya Lador-Fresher, Israels Generalkonsulin für Süddeutschland, betonte in ihrer auf Hebräisch gehaltenen und parallel auf Deutsch eingeblendeten Rede die Bedeutung des Andenkens an die Ermordeten. Besonders wichtig seien Initiativen in München, die regelmäßig an die Geiseln erinnerten, die sich noch immer in der Gewalt der Terroristen befänden.
Unter denen, die an diesem Tag zu Wort kamen, war auch Ricarda Louk. Per Zuschaltung aus Israel erzählte sie von ihrer Tochter Shani, die das von der Hamas gestürmte Nova-Musikfestival besucht hatte. »Sie war ein talentiertes Mädchen mit einem riesigen Herzen, sie wusste immer, was sie wollte.« Was sie gewollt hatte an dem Tag, an dem sie starb, war schlicht: tanzen.
Für die Zionistische Jugend formulierten Esther Habermann und Ruben Rotstein ihr Befremden über die derzeitige Lage in Deutschland: »Wir Juden in der Diaspora erleben wenig Zuspruch, im Gegenteil.« Und Gemeinderabbiner Shmuel Aharon Brodman bemerkte abschließend, es gehe an Jom Hasikaron nicht allein darum, Trauer zu zeigen: »Wir sind den Gefallenen auch zu Dank verpflichtet.«