Daher die Redensart: den Vogel abschießen. Schon als Kind habe er, Sohn eines »Hubertusschützen«, unbedingt Schützenkönig werden wollen. Diesen Traum hat sich der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf-Neuss mit 58 Jahren jetzt erfüllt: In einem dramatischen Finale und nach 73 Schuss gelang es Bert Römgens, auf der voll besetzten Festwiese im Rennbahnpark beim publikumsträchtigen Höhepunkt des Heimatfestes die »Königsvogel« genannte Scheibe abzuschießen. Damit wird er als neuer Schützenkönig von Neuss als »Regent« den Titel »Bert I.« tragen – bis zum nächsten Königsvogelschießen im September 2025.
Römgens gehört dem traditionsreichen Grenadierzug »Nüsser Divergenten« an. Er setzte sich gegen seine beiden Kontrahenten Klaus Ehren vom Grenadierzug »Net kalle – donn« und Stephan Meier vom Tambourkorps »In Treue fest« durch. Bereits nach dem 32. Schuss war die Scheibe gespalten, aber erst der letzte Treffer brachte die Entscheidung.
Begleitet von lauten »Bert«-Rufen tanzte Römgens auf dem Schießstand, riss die Arme hoch – und eilte sofort zu seinem Ehemann Dionissios »Saki« Liampotis, um ihn zu umarmen. »Es ist einfach überwältigend! Das kommt jetzt scheibchenweise bei mir an. Ich freue mich so, so sehr!«, sagte Römgens dem WDR. Das Paar wird das erste gleichgeschlechtliche sein, das die Neusser Schützengemeinde »regieren« wird.
Römgens gehört dem traditionsreichen Grenadierzug »Nüsser Divergenten« an.
Vor Römgens hatte das Amt Christoph Heusgen, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, inne. Beim Krönungsball mit Königstrunk, Gruß der Chargierten und Hofstaaten-Cour feierte die Gesellschaft das neue Königspaar weit bis in den Sonntagmorgen hinein – »oft begleitet von spontanen Beifallsstürmen«, heißt es auf der Website des Neusser Bürger Schützenfestes.
Zumeist im frühen 19. Jahrhundert gegründet – wie etwa der Neusser Grenadierkorps von 1823 e.V. –, entstanden die Schützenvereine, Bruder- und Gesellschaften infolge der Napoleonischen Kriege. In Düsseldorf gehen frühe Zeugnisse von Schützenverbindungen gar bis auf das Jahr 1190 zurück. In den Gesellschaften werden die Schützen-Traditionen hochgehalten und entsprechende Uniformen mit prunkvollen Helmen, Bonaparte genanntem Zweispitz, Schützenrock, Epauletten, Säbel und Holzgewehr getragen.
Seit 2018 ist Römgens Mitglied der »Nüsser Divergenten«. Für den Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf-Neuss war die Leitidee aller 23 Zugmitglieder aus zwölf Nationen – die Bedeutungslosigkeit von Herkunft, Religion oder sonstiger Wurzeln – ausschlaggebend für sein Engagement, heißt es auf der Homepage des Neusser Bürger Schützenfestes. Das Neusser Treffen gehört zu den weltweit größten von einem einzigen Verein organisierten Festen.