Antisemitismus

München zeigt Flagge gegen Roger Waters

»Wir stehen heute hier, um gegen den Auftritt eines antisemitischen Brandstifters zu protestieren«: Charlotte Knobloch (4.v.r.) bei der Demo Foto: Astrid Schmidhuber

Ungezählte antisemitisch gefärbte Andeutungen und langjährige Unterstützung der antisemitischen Boykottkampagne BDS waren Grund genug: Die Stadt München hatte versucht, das Konzert des Ex-Pink-Floyd-Stars Roger Waters in der Olympiahalle zu verbieten. Dies war aus rechtlichen Gründen aber nicht gelungen.

Als Reaktion zeigte die Stadtverwaltung nunmehr während der strittigen Veranstaltung am vergangenen Sonntag deutlich Flagge und ließ im Olympiapark, auf direktem Weg zu Watersʼ Konzert, unter anderem israelische Fahnen wehen.

Die Zeichen der Solidarität waren auch unmittelbar vor dem Haupteingang der Olympiahalle zu sehen. Neben dem Einlass waren mehr als 100 Menschen, darunter auch einige Stadträte, einem Aufruf des Bündnisses »München ist bunt!« gefolgt und protestierten gegen Watersʼ Auftritt.

Demonstranten trugen Schilder mit Texten wie »We donʼt need your education« und »Roger, leave the Jews alone«, beides Anspielungen auf alte Pink-Floyd-Hits. Mitglieder von »München ist bunt!« verteilten Flyer an Konzertbesucher mit dem Plädoyer »Klare Kante gegen Antisemitismus und Verschwörungsideologien!«.

SOLIDARITÄT Micky Wenngatz, Stadträtin der SPD und Vorsitzende von »München ist bunt!«, hatte nach eigener Aussage zwar die Platten von Pink Floyd früher selbst »rauf und runter« gehört. Bei der Gegendemonstration zum Auftritt des Ex-Bassisten der Band wandte die Politikerin sich aber laut und deutlich gegen dessen politische und gesellschaftliche Hassbotschaften: »Kein Platz für Antisemitismus! Kein Platz für antisemitische Codes, die Roger Waters massenhaft benutzt. Achtet darauf und widersprecht – auch in der Halle!«

Der Bereich für die Kundgebung auf dem Vorplatz der Olympiahalle war so gewählt, dass die Konzertbesucher die Protestierenden nicht übersehen konnten. Auch die Reden von der Bühne waren ganz bewusst gut zu hören. Von dort sprach zunächst Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, die »München ist bunt!« ihren Dank aussprach.

Mit dem Protest an diesem Tag sende man zwar das richtige Signal, sagte Knob­loch, die sich besonders bei Stadträtin Wenngatz für deren Engagement bedankte. »Aber trotzdem müssen wir feststellen: Judenhass hat ganz offensichtlich einen Platz in diesem Land. Trotz aller großen Worte und trotz aller guten Absichten stehen wir heute hier, um gegen den Auftritt eines antisemitischen Brandstifters zu protestieren«, konstatierte Knobloch. Das Konzert selbst, mehr noch aber die Unmöglichkeit einer Absage frustrierten sie, wie die IKG-Präsidentin in offenen Worten ausführte. So betone die Politik zwar immer wieder, was angeblich alles nicht sein dürfe. Aber: »Es sind dieselben Dinge, die am Ende trotzdem fast nie verhindert werden.«

DEBATTEN Auch das Konzert würde nun, nach monatelangem Hin und Her und intensiven Debatten, schließlich genauso stattfinden, wie Roger Waters es gewollt habe: »Mit seiner Person, mit seinem immer gleichen Hass, mit seinen Ausfällen gegen Israel und mit seinen Lügen und Verdrehungen«, kritisierte Knobloch, die sich während ihrer Rede auch ein kurzes Wortgefecht mit einem Waters-Unterstützer lieferte.

Jedem Einzelnen, der mit seiner Anwesenheit bei der Kundgebung ein Zeichen gegen solchen Hass setze, sei sie dankbar, betonte Knobloch zum Abschluss. Und was das Konzert selbst anginge, so sei eines ganz klar. »Roger Waters soll wissen: Er ist hier nicht willkommen. Wir wollen ihn hier nicht – und gegen seinen Hass werden wir niemals schweigen«, erklärte die IKG-Präsidentin unter großem Applaus. Ähnlich äußerte sich Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, in seiner Ansprache: »Judenhass mit Chiffren zu verbreiten, das ist etwas, gegen das man aufstehen muss.« Roger Waters dürfe deshalb aus juristischen Gründen zwar in dieser Halle spielen. Aber: »Er ist hier nicht erwünscht.« Spaenle hatte im Vorfeld zum Boykott des Konzertes aufgerufen.

Waters ist dafür bekannt, seine Konzerte zur Bühne für politische Positionen zu machen.

Für das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sprach Joshua Heinrich. Der Student bezog sich auf Watersʼ jüngstes Konzert in Berlin, bei dem der Musiker, verkleidet als SS-Offizier, einen Ballon in Form eines Schweins durch die Halle hatte fliegen lassen, ein üblicher und provokanter Teil seiner Show: »Wer solch eine Verbindung zwischen Israel und der SS herstellt, der darf in München nie das Wort haben. Wir müssen dagegen laut sein«, forderte Heinrich.

BDS-KAMPAGNE Waters ist seit Langem dafür bekannt, seine Konzerte zur Bühne für persönliche politische Positionen zu machen. Neben seiner Unterstützung der BDS-Kampagne verstört der britische Musiker dabei unter anderem mit einer großen Nähe zur russischen Position im Ukraine-Krieg. Die Ukrainerin Tamara Okhrimenko forderte daher in ihrer Rede ein klares »Nein für den Putinversteher Roger Waters«. Neben israelischen Fahnen wehte im Olympiapark am Sonntag deshalb auch die blau-gelbe Flagge der Ukraine.

Viele der Protestteilnehmer setzten nach dem Ende der Kundgebung mit kleinen Fahnen im Rucksack oder in der Hand auf dem Rückweg durch den Olympiapark noch ein letztes deutliches Zeichen gegen Israel- und Judenhass. Roger Waters und seiner radikalen Weltsicht hat München am Sonntag entschlossen die Stirn geboten.

Berlin

Dokumentarfilm »Don’t Call It Heimweh« über Margot Friedländer

Die Dokumentation von Regisseur Thomas Halaczinsky zeigt Friedländers erste Reise aus New York nach Berlin im Jahre 2003. Es war ihre erste Fahrt in die Heimatstadt nach 60 Jahren

 05.06.2025

Dortmund

»United in Hearts«

Bald ist es so weit, dann beginnt die Jewrovision mit dem dazugehörenden Mini-Machane

 05.06.2025

Premiere

»Es war nur ein kleiner Anschubser nötig«

Avi Toubiana über eine weitreichende Idee, die Anfänge der Jewrovision und unvergessene Momente

von Christine Schmitt  05.06.2025

Gedenktag

Bundesweiter Anne-Frank-Tag am 12. Juni - 731 Schulen beteiligt

Am Anne-Frank-Tag beschäftigen sich Schülerinnen und Schüler mit dem Leben des berühmten Holocaust-Opfers. In diesem Jahr lautet das Thema des bundesweiten Schulaktionstags »Erinnern und engagieren digital«

von Karin Wollschläger  04.06.2025

Jewrovision

»Natürlich mit Musik«

Yuval aus der Eifel über die Probenarbeit, die Castingshow »The Voice Kids« und seine Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  04.06.2025

Wettbewerb

»Habt Spaß, nutzt den Moment!«

Marat Schlafstein über das Motto der 22. Jewrovision, Zusammenhalt und einen guten Tipp für die Jugendzentren

von Katrin Richter  01.06.2025

Porträt der Woche

»Ich möchte Brücken bauen«

Iris Lea Bialowons ist Madricha, studiert Psychologie und arbeitet an einer Schule

von Matthias Messmer  01.06.2025

Essay

Nach 53 Jahren erstmals wieder in Israel

Unser Redakteur ist israelischer Staatsbürger, doch das letzte Mal war er in den 1970ern im jüdischen Staat. Für eine Konferenz flog er nun erneut in das Land. Ein persönlicher Bericht

von Imanuel Marcus  30.05.2025

Jewrovision

Spannung in der Luft

Wie bereiten sich die Teilnehmer auf die Acts vor – und worauf freuen sie sich am meisten? Wir haben einige dazu befragt

von Christine Schmitt  30.05.2025