Isak Schilling ist ein besonderer Mensch: multikulturell vernetzt, sich seiner polnisch-jüdischen Wurzeln bewusst und bodenständig-naturverbunden. Seine Freunde nennen ihn Joe oder Izio. Für die Nachbarn in Kiefersfelden ist der Münchner, der vor rund 25 Jahren einen der ältesten Bauernhöfe im bayerischen Inntal erwarb, schlicht ihr »Alpenjude«.
Jede freie Minute steckt Schilling in die Sanierung und Verschönerung des über 500 Jahre alten denkmalgeschützten Hofes. Irgendwann begann er, im Garten einen Pavillon anzulegen – sechs Jahre später ist daraus eine Rundsynagoge mit 18 Sitzplätzen, zwei Säulen im Eingangsbereich und einem herrlichen Blick auf die Alpen geworden.
Loblied Am Sonntag, den 18. September – auch hier achtete der Hausherr auf die Glückszahl für »chaj«, »Leben« –, wurde sein Schtibl »Ohel Jitzchak« nun feierlich eröffnet. Rabbiner Shmuel A. Brodman brachte am Türpfosten eine Mesusa an, Rabbiner Yehuda A. Horovitz blies das Schofar, durch den alten Ortskern zogen die Klänge des »Ma Towu Ohalecha Jakov« (»Wie gut sind deine Zelte, Jakob«) und »Jibaneh hamikdasch«, das Loblied auf den Bau des Tempels.
An der Zeremonie nahmen über 100 Gäste teil. Die am weitesten angereisten Besucher waren Chaim aus Israel – der Bruder des Gastgebers – und der gerade in München weilende Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Havanna, Salomon Sarfati. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und damit von der Landeshauptstadt aus zuständig für Juden in der ganzen Region, freute sich über die »schöne neue Dependance in Kiefersfelden«, wie sie sagte.
Statt des bescheidenen Worts »Schtibl« möchte sie von einer Synagoge sprechen, denn eine solche sei von Isak Schilling im wahrsten Sinne des Wortes als ein »Ort des Miteinanders« geschaffen worden. »Es soll ein Ort sein, an dem das Verbindende im Mittelpunkt steht und nicht das Trennende«, so Knobloch. In ihrer launigen Rede betonte sie, dass Schilling ein Original sei, dem Judentum zu 100 Prozent verbunden, der die Traditionen kennt und lebt und ebenso selbstverständlich zu 100 Prozent der bayerischen Heimat verbunden ist.
Stoßgebet Es versteht sich, dass der amtierende Bürgermeister Hajo Gruber ebenso wie sein Vorgänger Erwin Rinner und der evangelische Pfarrer Günther Nun mitfeierten, der betonte, dass Schilling schon viel länger in der bayerischen Diaspora verwurzelt sei als er selbst. Nach dem Sturm aufs israelisch-bayerische Buffet war es Zeit für das Minchagebet.
Mit dem gemeinsamen »Dawnen« wurde für Schilling, der von seiner Frau Ruth und Tochter Michelle tatkräftig unterstützt wurde, ein Traum wahr. Auch sein Stoßgebet vom Morgen an den »Ojberschten« ging in Erfüllung. Rundum regnete es, aber nicht in Kiefersfelden bei seiner »Simche«.