»Die Welt im Umbruch«: Vier Tage lang beschäftigen sich unter diesem Motto mehr als 350 junge jüdische Erwachsene mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Sie sind aus ganz Deutschland zum diesjährigen Jugendkongress der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) und des Zentralrats der Juden in Deutschland nach Berlin gekommen.
Zum Auftakt am Donnerstagabend widmete sich Zentralratspräsident Josef Schuster dem Thema des Kongresses. Er sagte, die aktuelle Weltlage löse Unsicherheiten aus: »Es sind Umbrüche, die uns zweifeln lassen, ob wir einer guten Zukunft entgegengehen.« Zugleich hänge viel von jedem Einzelnen ab, wie sehr Veränderungen ins eigene Leben eindringen.
WURZELN Schuster verwies auf den wöchentlichen Ruhetag. Am Schabbat offline zu gehen und eine vorübergehende Zeit nicht für die Welt erreichbar zu sein, könne einem Burn-out vorbeugen, der Suchtbekämpfung dienen und zwischenmenschliche Beziehungen retten. »Manchmal erscheint es mir, als sei der Schabbat in weiser Voraussicht für unsere digitalisierte Welt geschaffen worden.«
Wer im Judentum verwurzelt ist, lasse sich weniger von Globalisierungsängsten lenken. Er sei sich sicher, so Schuster, »dass die jüdische Gemeinschaft diese Umbruchzeiten nicht nur übersteht, sondern auch positiv zu gestalten vermag«.
Sich an der Gestaltung der digitalen Zukunft zu beteiligen, dazu rief auch Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) auf. Die Veränderungen seien extrem tiefgreifend. »Die Digitalisierung verändert alle unsere Lebensbereiche.« Dies eröffne viele Chancen, habe aber auch einige negative Begleiterscheinungen. Im Netz sinke die Hemmschwelle, brutale Aggressionen würden sich leider auch gegen Juden richten. »Ich kann nur alle auffordern, die Entwicklung positiv zu gestalten und auf Missstände hinzuweisen.«
Anschließend stellte sie sich den Fragen der Teilnehmer, ebenso wie nach ihr Israels Botschafter Jeremy Issacharoff. Dabei würdigte er die Bedeutung und Besonderheit der deutsch-israelischen Beziehungen und sprach über die aktuelle Lage im Nahen Osten.
ISRAEL Unterdessen machte die Meldung die Runde, dass am Abend zwei Raketen aus dem Gazastreifen auf den Großraum Tel Aviv abgefeuert worden waren. Issacharoff sagte, dass man in Israel ständig mit ernsten Bedrohungen der nationalen Sicherheit lebe. Gleichzeitig suche man aber auch immer nach Möglichkeiten, die Beziehungen zu den arabischen Nachbarn zu verbessern.
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Um aktuelle Politik geht es auch am Freitag bei einer Diskussion mit »Bild«-Chef Julian Reichelt. Die Journalisten Amos Harel und Amit Segal werden die israelische Sicht der Dinge schildern. Und Avraham Infeld, ehemaliger Präsident von Hillel International, wird seine Perspektive auf das jüdische Leben der Zukunft darstellen.
Zum Abschluss am Sonntag diskutieren Mitglieder des Europaparlaments mit Vertretern jüdisch-europäischer Organisationen über die Zukunft in Europa und die anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Darüber hinaus wird die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) ihre Vollversammlung abhalten und einen neuen Vorstand wählen.
PARTY Auf dem Programm des Jugendkongresses stehen auch Erkundungen Berlins, sportliche Aktivitäten, gemeinsame Schabbatfeiern und die traditionelle große Party am Samstagabend.
ZWST-Präsident Abraham Lehrer wünschte den Teilnehmern viel Vergnügen und jede Menge neue Informationen. Wichtig sei jedoch nicht nur der politische und kulturelle Teil des Jugendkongresses. »Ich wünsche euch auch viele Gespräche untereinander.« Diese seien enorm wichtig, so Lehrer. Und lächelnd fügte er noch hinzu: »Ich wünsche euch, dass dabei viele Beziehungen herauskommen.« ddk