Am vergangenen Freitag hat die Stadt einer vergessenen Münchnerin mit der Übergabe eines Erinnerungszeichens – dem mittlerweile 35. – ihren Platz in der Stadtgesellschaft zurückgegeben. Vor der Wasserburger Landstraße 209 steht seitdem die Stele mit dem Bild von Elisabeth Baerlein, einer hochbegabten Violinistin, die von den Nazis ermordet wurde. Sie wurde nur 26 Jahre alt.
Zeremonie Stadtrat Florian Roth, der das Erinnerungszeichen als Vertreter des Oberbürgermeisters der Öffentlichkeit übergab, nannte bei der kleinen Zeremonie einige wesentliche Eckdaten aus dem kurzen Leben der jungen Frau, die schon mit 16 Jahren Violine studierte, dann aber als Jüdin in das mörderische Räderwerk der nationalsozialistischen Ideologie geriet.
Kurz vor Ausbruch des Krieges versuchte sie noch, nach Palästina, dann nach Shanghai zu emigrieren, doch das Vorhaben scheiterte. Am 18. Juni 1942 deportierte die Gestapo Elisabeth Baerlein nach Theresienstadt, wo sie zum Musizieren in mehreren Orchestern gezwungen wurde. Dann kam der 6. Oktober 1944. An diesem Tag verschleppte die SS die junge Frau in das Vernichtungslager Auschwitz, vermutlich drei Tage später, am 9. Oktober, wurde sie ermordet.
Ihre Eltern Fritz und Katharina, die bis zur Entrechtung durch die Nazis in der Wasserburger Landstraße ein Ausflugslokal betrieben hatten, überlebten den Holocaust.
Ghetto Neben Stadtrat Florian Roth, Professor Bernd Redmann, Präsident der Hochschule für Musik und Theater, Stefan Ziegler, Vorsitzender des Bezirksausschusses 15, und der Initiatorin Angelika Landau nahm auch IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch an der Feier in der Wasserburger Landstraße teil. Auch ihre Familiengeschichte ist mit dem Ghetto Theresienstadt verbunden. 1944 wurde ihre Großmutter dort ermordet.
Heute, fast acht Jahrzehnte später, wirke es so, als lägen diese Ereignisse weit zurück. Das jedoch sei ein Irrtum, sagte Charlotte Knobloch bei der Feier. Gerade in einer Zeit, in der manche Gruppierungen in Politik und Gesellschaft ein schnelles, umfassendes Vergessen und einen »Schlussstrich« forderten, sei das Gedenken umso wichtiger, betonte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde.
»Erinnern ist demokratische Grundlagenarbeit. Demokratie bedeutet, sich zu erinnern, was geschehen kann. Und Demokratie bedeutet genau deshalb auch, dafür zu sorgen, dass die Verbrechen der Vergangenheit sich nicht wiederholen«, mahnte Charlotte Knobloch.